Schulzeittrauma: Die Klassenschönste war auch immer die Beste und wollte nie mit mir befreundet sein. Ich war nie so schön wie sie, ich war gefühlt nie so wichtig und angesagt wie sie.
So richtig zufrieden mit mir sein? Mh, vielleicht in fünf Jahren mit neuer Nase, flacherem Bauch und schönerer Stimme. Wann war ich das letzte Mal so richtig zufrieden mit mir selbst? Eine absolut schwere Frage für mich, denn es geht immer besser, schöner und klüger.
Das ist der Gedanke von damals, der mir einfällt:
Ich wäre so gern wie du, würde gern so aussehen wie du, hätte gern dein Talent, deine Figur, deine Ausstrahlung, dein Leben. Denn das wirkt immer besser als meins. Ich dachte immer, wenn ich diese drei Kilo abnehme, meine Nase richten lasse, die Fehlstellung der Beine bekämpfe und nicht all zu viel lache auf meinen Bildern, wird das was, mit dem „wie du“- Sein. Dabei habe ich dich nie gekannt. Ich wusste nur, ich bin nicht ausreichend, so wie ich bin. Zu Schulzeiten, der Ursprung aller Selbstzweifel, fing es an, dass ich so sein wollte wie du. Ich wollte mehr sein als nur ich. Eine viel bessere Version meiner selbst, mit all dem was du hattest und ich nicht war.
Vermeintlich, denn ich kannte dich gar nicht. Ich weiß nur, dass du mir mit deinem Leben, mit deinem Äußeren und deiner augenscheinlichen Zufriedenheit mein Selbstwertgefühl in den Keller getragen hast. Tief begraben, neben dem „Liebe dich selbst“– Thema und dem Gedanken, dass man gut ist so wie man ist. Denn das war ich nie, in meinen Augen. Zu großer Zeh, zu kleine Brüste, zu wenig Verehrer, zu langes Kleid, zu breite Schultern.
Die Liste für mein Unglücklichsein ist lang, aber war oft genug nur bezogen auf mein Aussehen und auf das, was andere sehen und werten können.
Das Innere, das was ich bin, hatte ich nie angemessen gepflegt. Das war einfach so da, das lief mit. Nett sein, die Liebe, die Leise, die die alles versteht. Das war ok, damit konnte jeder gut leben. Aber ich wollte doch die sein, mit der jeder befreundet sein wollte, mit der jeder ausgehen wollte, mit der immer angesprochen wird. Die konnte ich nie sein.
Ich zweifelte so lange an mir, dass ich es irgendwann glaubte und mich selbst hinten anstellte.
Das mit der Selbstliebe ist so eine Sache, eine Persönliche. Wir entscheiden uns irgendwann für einen Weg, der uns oft genug nicht gut tut, und dabei vergessen wir wer wir wirklich sind. Das ist der Bus, in dem wir alle sitzen, aus dem wir an der Haltestelle „Liebe dich weil du da bist“ einfach vergessen auszusteigen. Weil wir eine andere Frau sehen die in unseren Augen so gut aussieht, dass wir auf einmal an uns herunterblicken und glauben zu wissen, dass es das jetzt war.
„Bleib hier sitzen du hast keine Chance gegen sie.“
Wenn dann noch die Stimmen im Hintergrund säuseln, wie schlimm du doch bist und was du wie trägst und wieso deine Zehen abstehen anstatt zusammen zu bleiben- ist es manifestiert:
Das Gefühl nicht gut genug zu sein. Das Gefühl, nicht so auszusehen wie andere es gern hätten, um dir dann die Aufmerksamkeit zu geben, die du verdienst.
Dann kriechst du denen hinterher, die in deinen Augen alles haben: Das perfekte Aussehen und das perfekte Leben. Was du zu diesem Zeitpunkt aber leider nicht weißt ist, dass das alles ein totaler Hirnfurz ist, der nur darauf beruht, einem Bild von einer Frau eine Bühne zu geben, auf der nichts weiter zählt als ein Gesicht.
Auf einmal sind wir pro Wangenknochen basteln, Lippen aufspritzen, Brüste anheben. Po in Form bringen und neue Nase nebenan im Geschäft kaufen. Wir wünschen uns das, was andere sehen wollen, damit wir von denen akzeptiert werden, die uns kaum Beachtung schenken. Ja Instagram, auch du bist Schuld daran.
Geht und ging mir nie anders. Ich stieg immer mal wieder in diesen Bus, um auf dem Weg ins Nirgendwo festzustellen: Wenn du dich mehr um dein Äußeres kümmerst als um deine Gedanken und Gefühle, verfaulst du innerlich. So schön die Fassade ist und so leicht es sich manchmal damit leben lässt, innerlich nicht mehr zu blühen und glücklich zu sein, ist viel schlimmer als der Höcker auf meiner Nase. Denn dann wirst du nie mit dir zufrieden sein. Dann wird dich auch kein Like oder Follower auf Instagram mehr bestätigen.
Kein Kompliment wird dir den Tag retten, denn du weißt nichts mehr damit anzufangen. Was nützt mir das Bild, das ich immer erfüllen wollte, wenn ich kein guter Mensch sein kann? Wenn ich schlecht gelaunt aufstehe, alle anfauche, das Leben unerträglich finde, aber im Spiegel immerhin das sehe, was alle als schön empfinden? Mein Wunsch war es lange Zeit jemand anders zu sein. Weil ich glaubte es lebe sich anders viel besser. Dabei bin ich einem oberflächlichen Gefühl hinterhergerannt, was mit der Zeit immer platter und eindimensionaler erscheint. So wollte ich nie sein. So wollte ich nicht enden.
Ich bin erwachsen, ich lebe mein Leben. An manchen Tagen finde ich mich schön, an anderen alle anderen schöner. An manchen Tagen geben mir andere Menschen ein gutes Gefühl, an anderen zu verstehen: Ich gehörte nicht zu ihrem Kreis. An vielen Tagen weiß ich heute, dass es völlig Wurst ist, was andere von mir sehen wollen oder nicht, ich allein muss mich am Ende ertragen können.
Es hat lange Zeit gebraucht um zu der Erkenntnis zu kommen, dass das Aussehen viel zu sehr im Mittelpunkt unserer Handlungen steht. Am Ende stellt man fest, dass das was wir tun viel mehr Wert hat und, dass Schönheit seine Grenzen hat.
Wissen, helfen, Einsatz, Herz und Offenheit vergehen nicht. Aber Falten und schönere Frauen werden kommen. Was werde ich dann denken und fühlen? Hoffentlich nicht den Druck, durch Äußerlichkeiten mithalten zu müssen.
Alles Liebe- von der die immer noch gern in den Bus steigt, aber immer öfter an der richtigen Stelle aussteigt.
Liebe Franzi,
besser hätte man es nicht treffen können.
Wie immer, wunderschön erfrischend geschrieben.
Ganz liebe Grüße an dich
Liebe Franzi,
das ist ganz toll geschrieben!
Super Beitrag, wahre Worte 🙂
Liebe Grüße
Juli von JuliJolie
Aus der Seele gesprochen,
wie so oft ❤️
Liebe Franzi,
durch die Schminktante bin ich auf deinen Blog aufmerksam geworden.
Ich bin denke ich mal, jetzt eine der ältesten Leserinen bei Dir. 🙂 Ich bin 51 und zweifel immer noch zu oft an mir, weil eben dieses kleine Teufelchen da ist. Danke für diesen tollen Artikel. An „blöden Tage “ werde ich ihn mir x mal durchlesen. Dann geht es mir wieder besser.
Liebe Grüße
elke von elke.works
Hey Frances,
schön, dass du auch auf dem Zug aufgesprungen bist und ein Artikel zu diesem wichtigen Thema geschrieben hast!
XOXO und liebe Grüße
Deine Sarah
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Liebe Franzi,
Du schreibst mit demText wirklich genau meine Gedanken zu diesem Thema nieder 🙂
Diese Erkenntnis kam bei mir (leider) erst im Laufe des letzten halben Jahres, aber besser später als nie! 😉
Alles Liebe – von der die auch ab und zu in den Bus steigt, aber immer öfter an der richtigen Stelle aussteigt. Zum Glück.