Kolumne

Sei gern ein Freak

Wir stehen an meinem Stand. Ich halte meinen Kaffee in der Hand, du deinen kalten Tee mit Minze und Zitrone. Es sind 25 sonnige Grad. Ich verkaufe hier mal wieder meinen ganzen Unrat. Ihr würdet euch austoben wollen, ich möchte es loswerden. Es gibt ja immer wieder Momente in denen man sich befreien will. Was mir dann immer entgegen kommt ist ein Flohmarkt. Ich kann mich nie beschweren, ich werde immer so gut wie alles los und bin dankbar. Ein toller Nebeneffekt, ich treffe einige von euch mal wieder, andere sind ganz neu und wir kommen über meine Kleidungsstücke ins Gespräch.

scheiß auf die anderen und bleib gern ein Freak

Du stehst vor mir, wir kennen uns nicht. Du weißt nichts über mich, über meine Seite oder über mich als Person. Das macht es einfach aus. Ich muss mir nicht überlegen, ob und wie ich wirken soll. Vorsichtig herantasten ist eines der Dinge, die ich im Umgang mit mir fremden Menschen gelernt habe. Ich will ja niemanden mit einer Art überrennen. Du kaufst mir eine Tasche ab, so eine süße, mit Bommel. Sie steht dir, wie ich finde. Ich freue mich und entdecke mit einem verstohlenen Blick dein Shirt. Arielle trägst du im großen Print. Ich bin höchst neidisch und mache dir ein wohlwollendes Kompliment. So ehrlich, so von Herzen, dass ich vermute es wird dir gefallen. Du schaust mich an, deine Augen werden größer und ich bemerke das leichte Schulterzucken. Die Antwort kommt dir bestimmt nicht das erste Mal über die Lippen:

„Es ist meine Leidenschaft, ich schreibe sogar meine Abschlussarbeit darüber.“

Ich gratuliere dir und bin stolz auf dich, obwohl wir uns nicht kennen. Ich mag es, wenn Menschen sich für etwas begeistern können und in ihrer Leidenschaft aufgehen. Es freut mich, denn das macht das Leben ja auch aus- genießen zu können. Aber du siehst das ganz anders. Denn du schiebst ganz beiläufig noch eine Aussage ins Gespräch:

„Aber das ist nicht so wichtig. Ich bin eben ein echter Freak.“

Irgendwann hat dir mal jemand gesagt, das du anders seist. Ein Freak. Ein Nerd, jemand der nicht so ganz in die Gesellschaft passt. Ich will dich aufbauen, ich will dir sagen wie toll du bist, aber ich merke es wird nicht gleich funktionieren, hier zwischen Kaffee & Klamotten. So was klärt man nicht über einen Holztisch hinweg. Du bedankst dich und sagst, das war ein tolles Gespräch. Ich weiß, aber ich hätte dir etwas verraten können: Ich bin genau so ein Freak wie du. Ich habe mich lange Zeit auch nicht mit mir und meinen Leidenschaften wohlfühlen können. Irgendwer hat anderen in das kleine, oft viel zu vollgestellte Oberstübchen eine gewisse vorgefertigte Sicht auf andere Menschen eingepflanzt.

Auch wenn wir oft davon lesen sollten wir uns selbst lieben. Sich selbst zu akzeptieren kann ganz schön schwer sein in einer Umwelt, die einem bei jedem Wort oder Gedanken die Freakkarte anheftet und fein säuberlich urteilt, gern auch unter dem beliebten Deckmantel der Ehrlichkeit. Auch wenn du nicht gefragt hast, du bekommst die Meinung und Vorstellung anderer aufgedrückt. Wir Menschen haben oft den Drang uns die Umwelt einfach unseren eigenen Maßstäben anzupassen und diejenigen auszusortieren, die nicht passen. Schwups bist du raus und mehr Außenseiter als Mitmensch. Willkommen in unserer Gesellschaft. Denn du funktionierst nur solange du passt. Jemand mit einer echten Leidenschaft stößt da gern an Grenzen. Der eckt auf einmal an und erntet gern Kopfschütteln. Denn wie kann man für etwas brennen, das die Masse nicht versteht?

Eins hätte ich dir nur allzu gern noch gesagt:
„Scheiß auf die Meinung anderer. Ich bin auch ein Freak! Und das ist gut so.“

Freak sein ist einfach nur eine richtig gute Umschreibung für das Herausstechen aus der Masse. Denn die urteilt die meiste Zeit einfach nur oberflächlich und sucht nur nach einem Grund, andere Gedanken, Herangehensweisen und Lebensentwürfe zu bremsen.

Sei gern ein Freak und steh dazu. Für mich hat Freak sein nichts mit falsch leben zu tun, dafür umso mehr damit, für sich etwas gefunden zu haben das man liebt. Du weißt wer du bist und für was du lebst. Viele werden nie das Glück haben und immer versuchen, anderen genau das auszureden und für sie eine Schublade mit einer gehässigen Überschrift zu finden. Wenn man selbst wenig im Leben hat, bleibt einem nur anderen Stempel aufzudrücken.

Kommentare

Bisher 11 Kommentare zu “Sei gern ein Freak”

  1. Barbarella sagt:

    Hallo Franzi,

    ein sehr schöner Beitrag. Ich muss sagen, ich bin in gewisser Hinsicht auch ein Freak und ich stehe leidenschaftlich zu meiner Einstellung, und kassiere dafür auch so manches Kopfschütteln. Trotzdem finde ich es einfach toll, wenn man aus der Masse heraussticht mit dem was man tut und denkt. Mit den Wölfen heulen kann schließlich jeder. Also, ich bin stolz darauf, meinen ganz eigenen Kopf zu haben 🙂

    Ganz liebe Grüße, Barbarella <3

    https://barbarella149.wordpress.com

    • Franzi sagt:

      Richtig so. Wir müssen akzeptieren, dass nicht jeder gleich tickt. Wer andere Gedanken und Wünsche hat, muss ja nicht gleich anders sein und verurteilt werden. Aber vielleicht ist es immer einfacher die Schuld und Fehler bei anderen zu suchen.

      Liebe Grüße so von Freak zu Freak

  2. Ina sagt:

    Ein schöner Text! Arielle ist aber auch toll <3

  3. Dany sagt:

    Ich bin ein Freak und das bin ich gern. Zu sein wie alle anderen lag mir noch nie. Es hat lang gedauert mich selbst kennen zu lernen und ich bin noch lang nicht fertig damit. Viele Menschen die gegen den Strom schwimmen und anders denken werden ausgestoßen und schräg angeschaut. Egal, jeder Mensch ist etwas ganz Besonderes und das ist gut so. JE GRÖßER DER DACHSCHADEN DESTO BESSER DER BLICK AUF DIE STERNE

    Toller Beitrag Franzi!

    Liebe Grüße Dany von http://www.danyalacarte.de

  4. Franzi sagt:

    Toller Beitrag, wie immer! Hut ab!

  5. nathalie sagt:

    wieder mal ein toller Post liebe Franzi! 🙂
    LG*

    Nathalie von Fashion Passion Love ♥

  6. Isa sagt:

    Als ich deinen Titel gelesen habe, dachte ich zu erst in eine andere Richtung – und zwar in die eines „Nerds“. Wahrscheinlich unterbewusst, weil ich mit diesen Gedanken des „Freakssein“ oftmals in Berührung komme: Ich bin gelernte Informatikerin und es daher gewöhnt stets alleine oder zumindest in wenig weiblicher Begleitung unter Männern zu sein (egal ob nun Ausbildung, Studium oder berufliche Erfahrung).
    Aber auch wenn ich oft große Augen und gerunzelte Stirnen vor mir sehe, wenn ich erzähle, was ich beruflich und auch privat gerne mache, bin ich stolz darauf. Stolz mir meinen Weg in einer Männerdomäne zu erkämpfen und das zu tun, was mir Spaß macht. Ich erzähle gerne davon, wenn ich gefragt werde und sehe keinen Grund mich dafür zu verstecken. Oft heißt es dann „Du siehst gar nicht aus wie so ein Nerd“. Aber genauso wie ITler als „Nerd“ abgestempelt werden, werden Zocker als „faule Säcke“ oder „sozial inkompetent“, Punks als provozierend/verrückt und Mädels, die Arielle toll finden, halt als Freak bezeichnet. Ich hab schon lange aufgehört mir diese Vorurteile aufdrücken zu lassen oder sie negativ auf mich als Person zu beziehen! Ich denke, dass jeder irgendetwas eigenes hat und zu selbst zu wissen, was uns von anderen unterscheidet, kann uns nur weiterbringen anstatt zurückwerfen. Denn schließlich sollte doch jeder er selbst sein können, sich selbst mögen und vor allem das gerne und viel tun, was er mag. Nur denke ich es dauert bei jedem unterschiedlich lange zu dieser Erkenntnis zu kommen.
    Hättest du dem Mädel mal deinen Eindruck in Form deiner lieben Worte mit auf den Weg gegeben. Ich kann mir vorstellen, dass sie sich sehr darüber gefreut hätte, mal etwas anderes und positives zu dem Thema zu hören.

    LG,

    Isa

  7. Thomas sagt:

    … liebe franzi – noch bin ich dir nicht auf die schliche gekommen, warum ich deinen blog o gerne lese. es muss wohl an deinem schreibstil liegen, der immer wieder ein gewisses augenzwinkern zulässt … und so den ein oder anderen gedanken füg ich gern, meist spontan an … ich gebe es offen und ehrlich zu: langsam werde ich zukker-süchtig – feiner blog!!! irgendein thomas

  8. Saskia sagt:

    Liebe Franzi,

    Für mich ist Freak gar kein böses Wort. Anders sein, ist für mich ein Ziel. Ich möchte gar nicht in der Maße untergehen & nur Dinge tun, die schon mal gemacht worden sind.
    Leider weiß ich noch nicht genau, was meine Leidenschaft ist. Ich bin noch auf der Suche nach dem was mich ausmacht. Wer ich bin und wer ich sein will.
    Am liebsten wüsste ich das schon direkt, es wäre so viel einfacher.
    Aber wahrscheinlich brauch ich einfach noch etwas Zeit und Erfahrungen. Ich bin ja noch jung. Und „einfach“ ist das Leben ja nicht immer.

    Liebe Grüße
    Saskia

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mit der Nutzung dieses Formulares erklärst du dich mit der Speicherung und Verarbeitung deiner Daten (Name und Email Adresse) durch diese Website einverstanden. Mehr dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung.