Kolumne

3 Frauen und 3 Meinungen: Mehr Schein als Sein- wenn wir uns blenden lassen

21. Januar 2019 von

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Wir lassen uns blenden. Von Menschen, von Aussehen, von Versprechungen, von unseren Vorstellungen.

Wie oft lassen wir uns täuschen von Äußerlichkeiten, Meinungen oder fremden Vorstellungen. Wir müssen immer erst hinter die Fassade blicken, um zu sehen was wir eigentlich brauchen und wollen.

3 Frauen 3 Meinungen: Mehr Schein als Sein. Wenn wir auf ein Wunschbild reinfallen, wenn wir von Menschen, von Aussehen, von Versprechungen, von unseren Vorstellungen geblendet werden.


Frau Nummer 1: Wollte den Unischwarm unbedingt daten. Er sah ja so gut aus.

Er ist bestimmt noch immer der Schwarm auf der Uni. Jeder kennt ihn, jeder weiß eine Story über ihn zu erzählen und jede Frau auf dem Campus würde ihn gern wenigstens einmal daten! Und ich wollte mich definitiv dazu zählen, auch wenn ich das nie offen erzählt oder gar von ihm geschwärmt habe. Er war ne heiße Nummer in meinem Kopf und ich hätte nur zu gern auf der einen oder anderen Party einfach nur mal mit ihm gequatscht. Ok, auch ein wenig mehr wäre möglich gewesen. Allein der Gedanke einmal durch sein blondes Surferhaar zu fahren war ein Gänsehautmoment. Naja und die Anerkennung aller anderen wäre mir dann auch sicher gewesen. Nach dem Motto

„Sie hat ihn bekommen. Sie sehen so verliebt aus, ein echtes Traumpaar bei uns an der Uni“.

Verzeiht, ein wenig Promiqueen Träumerei darf ja wohl noch sein! Auch mit 25. Und wisst ihr was, ich habe es sogar auf ein einziges Date mit ihm geschafft. Er hatte mich angeschrieben über sein wunderbar kuratiertes Instaprofil. Natürlich voller wunderbarer Bilder vom letzten Surftrip an der portugiesischen Küste.
Wir trafen uns natürlich auch in seiner Lieblingsbar, mit Billardtisch und seinem Stammgetränk. Nach fünf Minuten wusste ich, dass er nicht surfen kann, die Bilder nur gestellt waren, er schon 32 ist und seit sieben Jahren noch immer keinen Bachelor hat, aber eine Menge Spaß, großartige Partys und hammer Sex, mit einem dicken Augenzwinkern von ihm unterstrichen deutlich an mich gerichtet.
In diesem kurzen Moment hatte ich die Eingebung meines Lebens. Wenn die Verpackung über einen leeren Inhalt hinwegtäuschen soll, muss ich mich jeden Abend betrinken um das hier auszuhalten. Wenn der Traummann nicht wirklich viel im Kopf hat und du begreifst, dass du dich über Gott und die Welt unterhalten möchtest und nicht über krasse YouTube Pranks, dann musst du dich entscheiden: Ein Leben mit viel Alkohol und ein bisschen Ruhm an der Uni, oder ein Leben mit intelligenten und vor allem netten Menschen. Ich bin dann gegangen.

Frau Nummer 2: Hatte sich in den Kopf gesetzt, unbedingt ihre Freundin zu sein

Oh Mann, diese Clique! Im Netz gab es unter dem #girlpowerevening die besten Pics aus den wilden Cocktailabenden in schönen Kleidern und mit jeder Menge Atmosphäre und Stil. Das Leben, der Job und die Einstellung einer der Damen auf diesen Bildern haben mich nicht mehr losgelassen. „Wenn ich da mithalten könnte und an diesem Tisch jeden Donnerstag säße, dann hätte ich es geschafft.“
Klingt das albern und dumm? Nach einer verspäteten Pubertät? Ja. Ich war neu im Büro und wusste, dass sie zwei Etagen höher arbeitet. Es gibt diese Art von Frau mit der du befreundet sein willst, weil alle es wollen. Diese Art Frau, die den Raum betritt und einfach jeden mit ihrem Charme, ihrem Lachen, ihrem Äußeren und dem nicht enden wollende Fachwissen umhaut. Verdammt dachte ich mir, wenn du dich an ihr orientierst, dann geht es auch mit deinem Leben bergauf. Wenn du mit ihr diesen #girlpowerevening jeden Donnerstag hast, dann wärst du glücklich.

Also legte ich los und begann, mir den passenden Stil und die passende Arbeitseinstellung zuzulegen und saß dann irgendwann, mit viel Mühe und wirklich sehr vielen Überstunden, mit ihr an diesem besagten Tisch. Mit einer heimlichen Mentorin für mein zukünftiges Ich. Dabei habe ich allerdings außer Acht gelassen, dass ich gar nicht so sein wollte wie sie, so ganz ohne Privatleben, immer nur am Vorankommen und am eigenen Lebenslauf interessiert. Denn genau darum ging es in jedem Gespräch, in jeder WhatsApp Nachricht, an jedem Donnerstagabend. Nichts da mit Stimmung, tollen Gesprächen und intensivem Austausch. Die Themen waren klar eingegrenzt: Der Job, die Weiterbildungen, die Mode die man tragen muss, welcher Chef der bessere ist und wie man sich noch zusätzliche Arbeit mit nach Hause nehmen kann, um am Wochenende vorzuarbeiten.

Das wars, das war meine Freundschaft zu ihr.

Über ein halbes Jahr machte ich das mit, bis mir meine echten Freunde außerhalb des Jobs rieten mal kürzer zu treten. Das konnte die besagte Frau absolut nicht verstehen und der Rest der Truppe folgte sowieso nur ihrer Meinung. Leeres Gelabere, sinnlose Überstunden und kein Privatleben, das waren nicht meine Vorstellungen von einem glücklichen Leben. Schwups, saß ich Donnerstags nicht mehr an diesem Tisch.

Auch gut, ich hab ja noch ein Leben und echte Freunde mit wesentlich interessanteren Gesprächsthemen. Wenn sie jetzt den Raum betritt suche ich immer schnell das Weite, weil ich nicht ständig nur über meinen Job reden will.


Frau Nummer 3: Die alles für einen Job aufgeben hat, der ihr am Ende doch nicht gefiel.

Ich wollte unbedingt diesen Job, auch weil alle mich dazu ermutigten. „Du wirst berühmt, man erkennt dich auf der Straße, du bekommst gratis Sachen zugesendet und kannst die Sonnenseite des Lebens genießen.“
Das klingt doch verlockend, oder? Sich keine Sorgen mehr zu machen über den Kontostand, den nächsten Urlaub, die besten Partys, und erst der Kontakt zu all den Berühmtheiten. Was will man mehr als solche Verbindungen, die mich immer wieder auffangen werden. Ich würde bereuen es nicht zu wagen. Also tat ich es. Ich fügte mich, nahm die vielen Stunden Arbeit hin, vernachlässigte private Dinge und dreht mich irgendwann nur noch im Kreis. Ich hatte mich unbewusst verändert, stieg in nichts unter fünf Sterne plus ab und legte mir einen völlig verrückten Schlafrhythmus zu. Nachts war ich wach, ging nur noch aus, sah nur noch gut aus, schoss Bilder und genoss das Leben. Ich lebte bis ich nicht mehr konnte.

Irgendwann wachte ich auf: In einem Hotelzimmer, in einem Fetzen, der sich Kleid schimpfte und mit unsagbar hässlichen Schuhen an meinen Füßen, die gerade jeder trug. Ich wusste nichts mehr mit mir anzufangen. Ich wollte etwas anders machen und zwar sofort.

Ich wollte nicht schon wieder aufstehen und nur daran denken, dass ich gutaussehen muss.

Von außen sieht das alles golden aus, wie ein Jackpot. Nach der Auffassung anderer hatte ich es geschafft und bekam die Anerkennung die ich verdiente. Nur leider ging es ja nur um ein Äßueres und damit  kann es ja ganz schnell wieder vorbei sein. Und wenn das passiert, erkennst du, wie austauschbar du bist. Die Realität holt dich ganz schnell zurück auf den Boden. Miete zahlen und Essen kaufen sind dann auch einmal Hauptthema. Da gab es ja sonst den Zimmerservice und alles gratis. Ich habe keinen Gedanken an einen Preis, einen Sinn oder ob ich es mir leisten konnte verschwendet.

Es ging ja immer nur darum gut auszusehen und zu lächeln.

Auf einmal hatten immer weniger Leute viel seltener Zeit, haben mich kaum bis gar nicht grüßt, meine Probleme und mein Leben ignoriert.

Wenn du ganz oben bist applaudieren dir alle, jeder ist dein Freund, will ein Bild mit dir und verlinkt dich.

Aber hast du einen Fehler begangenen oder entscheidest dich für einen anderen Lebensweg oder bist gar ehrlich, musst du leider auf die harte Weise lernen, wer die echten und lieben Menschen in deinem Umfeld sind. Es sind auf jeden Fall nicht die, die dir immer und überall erzählen was sie für dich alles tun würden und wie geil sie dein Leben doch finden.
Ich habe mich gegen diesen Beruf entschieden, denn es machte aus mir ein nutzloses ignorantes Wesen, mit dem ich nicht leben wollte. Jetzt gibt es mich nur noch offline und mit einem echten Job in dem ich mich gebraucht fühle.

Andere würden den als „nicht besonders“ einstufen. Aber diese Menschen wollte ich eh nie in meinem Leben haben. Aber das musste ich eben erst lernen.

Kommentare

Bisher 2 Kommentare zu “3 Frauen und 3 Meinungen: Mehr Schein als Sein- wenn wir uns blenden lassen”

  1. Sijo sagt:

    Hallo Frances,

    Sehr guter Beitrag und gibt vielleicht dem Einen oder der Anderen einen Denkanstoß.
    Herzliche Grüße

  2. Anna sagt:

    Drum prüfe wer sich ewig bindet…
    Das ist das, was mir beim Lesen immer wieder in den Kopf gekommen ist.
    Auf einen Zug aufspringen und haben/leben, was nach einer Leichtigkeit und viel Freude aussieht, ist oft schattiger als alles andere auf der Welt. Ich finde es toll, dass diese drei Frauen dann doch auf Ihr Gefühl gehört haben und dem auch gefolgt sind. Diese Eigenschaft ist sehr wertvoll <3

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