Da hängst du, du Miststück. Gerade jetzt solltest eigentlich passen. Du solltest die Hose sein die mir steht, die sitzt und die ich zu allem kombinieren kann. Ich wollte doch einfach so aus dem Kleiderschrank nehmen, hineingleiten, dich über den Hintern ziehen und mich im Spiegel bewundern.
„Oh, hallo neues Körpergefühl“ würde ich wohl denken. Langsam über die Schenkel streichen und glücklich vor mich hin grinsen.
Stattdessen starrst du mich an. Ich habe das Gefühl du könntest mir meinen Tag madig machen. Du hängst da so herum, seit vier Monaten, solltest aber der Anstoß für Veränderung sein. Nein noch besser, für Optimierung. Gott, das könnte das Wort des Jahres werden, auch gleichzusetzen mit „Sich gleich machen“. So aussehen wie die anderen, das tragen was alle tragen. Dann bist du glücklich. Dann gehörst du dazu. Wenn ich dich über meinen Hintern bekomme bin ich glücklich mit mir, das hast du mir versprochen. Und jetzt stehen wir beide da und nichts hat sich verändert. Danke dafür. Du solltest die Motivation sein wieder neue Wege zu gehen, sich anzustrengen und endlich die Anerkennung zu erhalten die ich verdiene.
Vor genau fünf Jahren hätte allein der Gedanke daran, dass in meiner Jeans die Hosengröße 40 steht, einen Panikanfall ausgelöst. So einen richtig peinlichen, den jeder schon einmal hatte, über den er aber ungern spricht. Denn 2018 haben wir uns ja mit unserem Körper abgefunden. Nein, wir lieben ihn so wie er ist. Verzeiht. Das klingt auch wunderbar in meinen Ohren, aber dennoch bin ich ehrlich. Solche Panikgedanken, die auf einmal das ganze Selbst in Frage stellen, überkommen einen wohl in jedem Alter.
Zwei Ziffern, die den Moment kippen lassen können. Schalter umgelegt, Rollos runter.
Ich weiß doch im Grunde, dass die Zahl für nichts steht, sie kein Prädikat der Wahrheit beinhaltet und gerade im Shopping-Segment vom Schweden bis hin zum Spanier einfach völlig zusammenhangslos verteilt wird. Manchmal glaube ich sogar, dass mit Absicht zu eng, zu weit, zu dehnbar oder völlig deformiert produziert wird, um uns immer wieder ein schlechtes Gewissen zu bereiten. Um uns daran zu erinnern, was wir sein sollen und wie wir aussehen müssten. Gleich.
Uns ist natürlich allen klar, dass das von Natur aus nicht funktioniert. Dass große Frauen nicht gleich breit wie sie groß seien müssen. Kleine Frauen nicht so schmal. Dass unsere Brust, Hüfte und Po nicht nach Schema F geformt sind. Trotzdem gibt es dir Norm in eine Zahl gepackt und diese Größe macht etwas mit uns. Diese Zahl will uns etwas einreden. Sie will uns Regeln auferlegen, nach denen wir uns richten sollen und an denen sich alle orientieren müssen. Dieser Gedanke „Ich kaufe jetzt die kleinere Größe und im Sommer passe ich einfach so rein“ ist bestimmt nicht nur mir bekannt und wir wissen auch alle, was im kommenden Sommer passieren wird: Wir gehen wieder shoppen und das nicht gut sitzende Teil bleibt wieder im Schrank hängen. Es erinnert uns aber täglich an das, was wir sein sollten oder was wir glauben sein zu müssen.
Die Größenangaben sind kleine Miststücke.
Was ich weiß: Die Größe sollte nichts aussagen, keine Macht haben, aber ich bin so böd und gebe ihr immer Mal wieder die Möglichkeit Macht zu haben. Mit dem Alter weniger, aber sie wird immer im Hinterstübchen rumhuschen und mich nerven.
Früher war es eine 34. Denk mal drüber nach.
Ja da war ich auch erst 16 und nicht einmal in der Pubertät angekommen. Im Studium war es eine 36. Was sagst du jetzt? Ich sage blöde Kuh, da bin ich weder Laufen gegangen, noch habe ich gewusst was Squads sind.
Mein Arsch, meine Freiheit.
Heute trage ich alles was ich will, es muss sich nur gut anfühlen, ich muss mich darin wohlfühlen und es muss gut aussehen. Was nützt mir eine Hose die ich durchaus nett finde, aber egal in welcher Größe ich sie probiere, ich nicht einmal meine Ferse durchquetschen kann? Soll ich anfangen mir die Füße kürzer zu schneiden, ein bisschen am Hüftknochen feilen, oder auf die Streckbank gehen?
Ich trage einfach was ich will. Die Größe soll mir egal sein. Sie sagt heute nichts mehr über mich oder meinen Körper aus. Ich haben von XS bis XL alles im Kleiderschrank, weil ich es gut und schön kombinieren und nicht jeden Tag daran erinnert werden will was an mir nicht passt, und dass ich nicht gleich bin wie eine Standardgröße.
Edit: Ich habe die Hose weiterverschenkt. Gestern Abend haben wir sie in die Altkleidersammlung gegeben. Das gute Stück wollte eine weitere Frau beeinflussen.
Nicht mit uns… du Miststück.
Danke für diesen Artikel, dass kann ich genauso unterschreiben. Früher bekam ich auch Panik… heute ist es mir egal, welche Größe in meiner Kleidung steht wobei es mir komischerweise trotzdem ein gutes Gefühl gibt, wenn plötzlich eine 36er Hose passt wo ich sonst die 40 trage 😉
Liebste Grüße
Eigentlich hast du so recht, aber irgendwie ist es dann doch nicht so leicht, sich einfach so zu akzeptieren und die Änderungen, die der Körper beim Älter werden macht.
Danke liebe Franzi. Super schöner Artikel.
Wie recht du hast und wie egal es mir in den letzten 5 Jahren geworden ist welche Größe ich kaufe.
Aber so richtig bewusst hast du es mir heute mal wieder mit deinem Beitrag gemacht 😊
Danke für den tollen Post Franzi. Leider machen sich zu viele Frauen von der Größe abhängig! Dabei fällt Kleidung – je nach Geschäft und Schnitt – unterschiedlich aus.
Melanie / http://www.goldzeitblog.de
Vielen Dank Franzi für den tollen Artikel
Dumm ist nur, wenn man Grösse 42/44 trägt, denn dann kann man nicht mehr tragen was man will, weil in Läden wie Mango und Zara und auch in vielen kleineren Boutiqen diese Grösse einfach nicht vorhanden ist.
Ich mag mich. Shopen kann so aber ganz schön frustrierend sein und am Selbstbewusstsein nagen….
Trotzdem mag ich mich deswegen nicht quälen um schlanker zu werden. Lasse ich mein Geld halt lieber in Läden, die begriffen haben, dass kurvigere Frauen auch toll aussehen wollen 🙂
Ein für viele Menschen offensichtlich ernstes Thema hast du wieder einmal in tolle Worte gefasst und sehr witzig mit einem Augenzwinkern geschrieben, liebe Franzi! Lasst uns alle lebenslustig sein und Spaß haben. Das ist es doch, was es ausmacht und uns gut gehen lässt : – ) Alles Liebe, Katja
Liebe Franzi,
danke, danke, danke. Ich finde Dich so hübsch. Du bist so eine Inspiration für mich. Ich liebe deinen Stil. Als Du letztens von einer Jeans geschrieben hast, dass eine 26 auch reichen würde und ich selbige bestellt habe und dieses Miststück nicht mal über die Knie bekommen habe, hatte ich Panikattacken!!! Jetzt bist Du wieder meine Franzi. Die 40 bekomme ich über meinen Hintern ;o).
Also erstmal vielen Dank für diesen ehrlichen Artikel. Es ist unfassbar wie sehr uns H&M & Co beeinflussen. Besonders frustrierend finde ich das manchen Marken (wie z.B. Zalando) ab Größe 44 einen Zuschlag drauf schlagen. Wir sollten uns davon endlich nicht mehr beeinflussen oder runter ziehen lassen. Es ist schön zu hören das auch du dich mit den gleichen Problemen herumschlägst wie ich.
Danke für deine Ehrlichkeit 🙂