Grumpy Cat? Mal total emotional daneben liegen? Mal schlecht gelaunt sein? Alles erlaubt und sogar gefordert.
ABER: Ist es noch ok glücklich zu sein?
Begegnung Nummer eins.
Bahnstation. Berlin Mitte. Ich lese einen Witz und muss in mich hineinlächeln. Ich lächle so auch mein Gegenüber kurz an. Ich merke seine Nähe. Er beugt sich zu mir herüber und sagt nicht einmal flüsternd: „Wieso lachen sie? Hier gibt es nichts zu lachen. Wir alle haben ein hartes Leben.“ Er steht auf, ohne einen Augenblick meine Reaktion abzuwarten und verlässt die Bahn. Ich bleibe da mit einem fragenden Gesicht und dem Gedanken „Ist das so, haben wir nichts zu lachen? Dürfen wir uns nicht mehr freuen, ganz öffentlich nicht mehr glücklich sein?“
Begegnung Nummer zwei.
Arbeitsplatz. Filiale. Ich begrüße alle mit einem freundlichen Hallo. Ich bin auf der Suche nach neuen Geschichten. Interviewpartnern. Meine neue Stelle. Ich darf Menschen treffen, die mir etwas erzählen. Ich freu mich und bin gespannt auf die nächsten Wochen. Das dritte Mal schlendere ich mit einem „Hallo“ das jeder hören soll und einem offen Lächeln herein und werde zu einem Gespräch gebeten. Man wäre mit meiner Arbeit zufrieden, aber dieses ständige freundliche Hallo mit der viel zu positiven Beschwingtheit würde vielen Kollegen als eher unangenehm auffallen. „Man könnte meinen du vertrödelst deine Zeit.“
Begegnung Nummer drei.
Bloggerleben. Kollegen. Sich auf Events treffen oder über meine Seite hier stolpern. Mein Leben ist zu großen Teilen online. Ich habe das nie direkt gesagt bekommen, aber oft genug wurde es über Dritte an mich herangetragen. Ich bin zu fröhlich, weswegen ich zu naiv wirken und nicht das echte Leben spiegeln würde, mit all seinen Höhen und Tiefen. Man muss das zeigen und das muss auch angesprochen werden. Denn es ist ja nicht alles immer wunderbar und FriedeFreudeEierkuchen.
„Ja das stimmt, aber was ist, wenn ich trotzdem glücklich sein kann?“
Ich bin glücklich. Aber nicht jeden Tag läuft alles glatt, nicht jeden Tag liegen die Haare, nicht jeden Tag kann ich mich im Spiegel ertragen. Das ist ok, das ist normal, das ist menschlich. Aber es ist für mich kein großes Ding. Die echten großen Gefühle habe ich dann, wenn es wichtig ist für mich. Ich will meine Zeit nicht verschwenden mit einem Pickel auf meiner Stirn, mit einem Job den ich nicht bekommen habe, mit der Kante an der ich mich jeden Tag stoße oder mit der seltsamen Nachbarin, die mich lieber die Treppe runterschubsen würde, als mal hallo zu sagen. Aber es ist ok, denn das ist das Leben und nicht das Schlimmste was mir jeden Tag passieren kann. Es ist Alltag, es ist normal.
Ich verheimliche nichts: Ich kann immer noch nicht sonderlich gut kochen und ich fahre so schlecht Auto, dass ich mir selbst als Beifahrer ins Lenkrad greifen würde. Ich vermassle Jobs, ich falle Treppen hoch und runter und stehe regelmäßig mit beiden Beinen auf dem Schlauch. Ich sage Dinge, die man auch mal ruhen lassen könnte, lasse mir von Instagram den Abend versauen und habe auch oft genug schlaflose Nächte. Wie ihr alle dort draußen. Aber ich bin trotzdem glücklich.
Ich habe Glück, denn ich lebe in einem Land in dem ich frei meine Meinung äußern kann, ich kann so rumlaufen wie ich es für richtig halte, ich kann wählen gehen. Ich kann arbeiten, ich kann reisen, ich kann mir die unwichtigsten Fragen stellen.
Fragt ihr euch was für ein Glück ihr habt oder nur, was andere alles dürfen, machen und erleben?
Vielleicht ist es ein Problem. Vielleicht ist das dein Problem. Aber mache es nicht zu meinem.
Wann fangen wir an zu entscheiden ob wir glücklich sind oder nicht? Ab wann wägen wir ab zwischen dem was uns fertig macht und dem woran wir wachsen? Ich habe für mich unbewusst entschieden glücklich sein zu wollen. Vielleicht bin ich so erzogen worden und vielleicht weiß ich, was wirkliches Unglück bedeuten kann und nehme deswegen viele Sachen nicht mehr so wahr wie andere.
Ich versuche mir gerade zu erklären wieso unglücklich zu sein so wichtig und geradezu eingefordert wird. Liegt es an den sozialen Medien? Wollen wir endlich über das echte Leben sprechen und bei der oft gestellten Frage „Wie geht es dir?“ nicht mehr daran denken, dass man niemandem zur Last fallen will oder das Gegenüber keine ehrliche Antwort erwartet. Ist das Leben wirklich so schlimm und ist jedes Gefühl ein Drama wert? Vielleicht geht aber das Leben trotzdem weiter, das Erwachsenwerden wird nicht einfacher und wir werden immer wieder an unseren eigenen Vorstellungen scheitern. Bin ich dann abgestumpft wenn ich mir sage, dass morgen eh wieder alles gut ist?! Heute das emotionale Fass zu lassen.
Dabei habe ich für ich festgestellt: Ich will nichts verschleiern oder verstecken, aber auch nicht künstlich aufblasen. Denn die Zeit die ich habe, will ich besser nutzen.
Eine Nachricht, die mich bewogen hat, euch diesen Text zu schreiben:
„Liebe Frances, ich wollte mich nur mal bei dir für die tolle Arbeit bedanken. Ich leide seit einigen Jahren an Depressionen und du gibst mir jeden Tag ein bisschen Motivation und Kraft an mir selbst zu arbeiten und mich nicht unterkriegen zu lassen. Danke“
Alles Liebe
… die gefahr des immerwährenden friede-freude-eierkuchen ist es, für oberflächlich gehalten zu werden. ich kann das aber so nicht bei dir erkennen franzi – also bleibe bitte ein optimistisches zukkermädchen … die anderen gibt es ohnedies zur genüge. jammern bringt letztendlich nichts, außer vielleicht einen sog und glück ist ständige arbeit an sich. ein lächeln ist niemals zuviel! 🙃
irgendein thomas
Liebste Namensvetterin, ich fühle mit Dir! Du sprichst mir aus der Seele. Gerade Begegnung Nummer zwei erlebe ich regelmäßig.
Offensichtlich ist es aus der Mode gekommen glücklich zu sein, denn Glück ist wenig sensationell, glaube ich. Ich bin auch eine Frohnatur, lebe in der Gegenwart – nicht in der Vergangenheit. Und ich bin davon überzeugt, dass es gesund ist glücklich und authentisch zu sein. Also bitte hör niemals auf damit. Deine Fröhlichkeit und dein echtes Glück sind ansteckend für so viele. Ich freue mich jeden Tag darüber mich in vielen deiner Worte wieder zu erkennen und nicht allein zu sein.
Stay happy & alles Liebe!
Dein Kommentar trifft genau ins Schwarze. Besonders dein Job-Beispiel ist bei mir 1:1 genauso vorgekommen. Aber ich sehe nicht ein warum ich meine gute Laune und positive Art verstecken soll, nur damit sich andere in ihrer Übellaunigkeit nicht belästigt fühlen. Es erfordert natürlich mal mehr mal weniger Aufwand, aber ich denke, und das zeigt dein lieber Leserkommentar auch sehr gut, es ist super wichtig sich nicht herunterziehen zu lassen sondern so oft es geht gute Laune und eine positive Einstellung zu versprühen. In diesem Sinne, lass dich nicht unterkriegen. 🙂
GLG aus Österreich
Andrea
Pebbles and Blooms
… mir wird auch manchmal vorgeworfen, auf einer Polly Pocket Insel zu leben, ein kleines Mädchen, dass nicht versteht, wie ernst die Welt ist. Aber natürlich verstehe ich den Ernst der Lage, die großen Hürden im Leben, die man meistern muss, täglich. Und deshalb und vllt auch aus Schutz, lebe ich ab und zu (lieber) auf meiner Polly Pocket Insel. Wir verstehen den Ernst des Lebens, aber warum sollte ich ihn auf meinen Schultern tragen? Und deshalb.., give a f***, be a happy girl!
Liebe Franzi,
was du hier schreibst, kenne ich nur zu gut – du sprichst mir damit sowas von aus der Seele! Genau wie du, verstehe ich sehr wohl den „Ernst“ des Lebens, allerdings bin ich auch jemand, der einfach immer einen Grund findet, um glücklich oder dankbar für etwas zu sein! Wir haben eben eine positive Lebenseinstellung und das ist eine Stärke! Leider können nicht alle mit so viel Optimismus umgehen. Das ist aber deren und nicht unser Problem! :-p 🙂 Jeder kann an sich und seiner Einstellung arbeiten und etwas daran ändern, wenn er wirklich möchte.
Ich wünsche dir eine schöne Woche!
Ganz liebe Grüße
Irina
Liebe Frances, Ich glaube das Problem liegt darin dass die Menschen die dir mit solchen Argumenten begegnen neidisch sind. Neidisch auf dein Glück, dein Lachen, deine gute Laune. Sie sind selbst auf irgendeine Art und Weise unglücklich, vielleicht weil sie vergessen haben wie gut es Ihnen geht & dass es meistens keinen Grund gibt unglücklich zu sein. Jeder hat traurige, entmutigende oder anstrengende Situationen im Leben und dann darf man auch unglücklich sein. Aber man vergisst schnell was man schon erreicht hat und redet alles klein. Liegt wohl in der Natur des Menschen immer mehr zu wollen. Gerade deshalb sollten wir uns daran erfreuen wenn jemand glücklich ist, es sei ihm gegönnt und er gibt ja damit auch ein Stück von seinem Glück ab.
Liebe Franzi,
Ein toller Artikel und endlich mal beschreibt jemand mal die andere Sicht auf die Dinge. Ich habe auch von Zuhause gelernt, immer aus dem Tag das Beste zu machen, dankbar zu sein und immer nach vorne zu schauen. Außerdem könnte ja das Problem auch morgen wieder vorrüber sein. Doch leider werde ich durch meine „glückliche“ Art als naiv oder oberflächlich eingeschätzt, was mich dann in mir drinne doch traurig macht.
Ich wünsche Dir alles Liebe und mach weiter so!
Friederike
Super. Danke für die Infos 😀
Danke dir, wieder was gelernt!