Kolumne

Von Vorurteilen Klischees und zwei Frauen

20. November 2016 von

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… die sich immer spinnefeind waren, die nicht unterschiedlicher hätten sein können.
Sie, die laute, starke, große. Die andere, kleine, das süße Mädchen von nebenan.

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Von Vorurteilen Klischees und zwei Frauen

Wie oft sind wir schon mit anderen Frauen aneinandergeraten, weil wir so unterschiedlich sind oder weil die Vorstellungen so weit auseinandergingen? Kennt ihr diese Situationen?

Sie treffen sich nach Jahren, ohne je wirklich miteinander geredet zu haben, aber mit vielen Gedanken, Vorstellungen und Vorurteilen voneinander.

Sie:

Ich konnte dich nie leiden. Dieser ganze Mädchenkram hat mich einfach nur fertig gemacht. Wie kann man nur alles auf eine Karte des Aussehens setzen? Alles drehte sich doch nur darum. Du warst für mich das naive dumme Mädchen mit bestimmt nur einem Schema im Kopf: Mann, Haus, aus die Maus. Jetzt sitzt du vor mir. Immer noch das Mädchen, doch ich weiß jetzt mehr über dich.

Die Andere:

Ich konnte dich nie ausstehen. Immer einen dummen Spruch gegen andere auf den Lippen. Immer dieses absichtliche Anecken um das „Ich bin ja so anders“ hervorzuheben. Dieses ewige „Mit Jungs komme ich besser klar“- Gerede als Versteck zu nutzen, weil du dich nie zu mir getraut hättest. Manchmal hast du mir sogar Angst gemacht, jetzt weiß ich mehr über dich.

Sie:

Ich weiß heute, dass eine Frau beides sein kann. Mich hat es so viel Überwindung gekostet zum ersten Mal ein Kleid zu tragen. Ich habe mich geschämt und kurz gedacht, verrätst du damit deine Prinzipien? Du machst das, was alle anderen Mädels machen, du gehörst doch zu ihnen. Aber ich wollte etwas Besseres sein, wollte mich abheben. Dich konnte ich dann eben aus Prinzip nicht leiden und somit auch all das typische Mädchensein.

Die Andere:

Ich bin nicht immer fair gewesen, das weiß ich jetzt. Du hättest damals einfach ein „Hallo“ vertragen und nicht einen musternden Blick. Heute weiß ich, dass auch andere Dinge im Leben neben dem Verweigern von XXL Sweatern und Turnschuhen zählen. Ich schäme mich jetzt, weil ich dich nie gefragt habe wie es dir geht, sondern immer dachte, du seist stark und fies zu anderen. Du kannst das wegstecken.

Sie:

Ich hätte nie gedacht dass ich das einmal sage. Wenn man dich kennenlernt mag man dich doch. Das hat mich so wütend gemacht. Klug, schön und witzig ging bei mir nicht zusammen und gegen mein inneres Verständnis meines Feindbildes. Ich war immer genau gegen das was du bist, dabei steckt es in uns allen, nur anders. Ich musste dich nicht mögen, weil du zu normal warst und zu sehr dem gesellschaftlichen Bild entsprachst. Ich wollte, dass alle anderen das wissen und meiner Meinung sind. Dabei bist du nicht nur Glitzer, Rosa, Jungs und Popmusik.

Die Andere:

Ich habe dich kennengelernt und weiß jetzt, da steckt mehr hinter der harten Fassade. Deine Vorurteile sind auch nur Schutz, so wie meine. Ich dachte immer du bist viel zu gefühlskalt und egoistisch, dabei ist es deine Art mit Problemen umzugehen. Ich habe immer vermutet, dir fehle etwas im Leben, du bist unzufrieden mit dir und deshalb versteckst du dich hinter genau solchen Klischees. Bier trinken, ein wenig pöbeln und zocken. Die XXL Sweater sollen alles kaschieren, was feminin sein könnte. Ich wäre nie darauf gekommen, dass du dich so wohl fühlst wie du bist.

Vor 6 Jahren hätte es dieses Gespräch nicht gegeben, weil wir beide ehrlich zu uns hätten sein müssen.

Wir beide wissen heute, dass es nicht nur eine richtige Art zu leben gibt, sondern Millionen. Manche Arten, Einstellungen ähneln uns, sind uns nahe. Andere sind uns gefühlt so fern wie der Mond. Wir müssen Eigenarten nicht verstehen, sie aber akzeptieren. Jeder von uns will so wie er ist und lebt akzeptiert werden. Jeder hat ein Recht drauf, denn es ist ja das eigene Leben.

Diese Erkenntnis hat uns zwei viel Zeit gekostet. Euch auch?

Liebe Grüße

Kommentare

Bisher 7 Kommentare zu “Von Vorurteilen Klischees und zwei Frauen”

  1. Julia sagt:

    Sehr ehrliche Gedanken. Ich habe viele Freunde, die mir gar nicht so ähnlich sind, und das macht doch auch eine Freundschaft aus. Wäre es nicht langweilig, wenn alle sich immer gleich kleiden würden, immer das gleiche mögen würden und immer einer Meinung wären? Natürlich braucht es vor allem in jungen Teenie-Jahren erstmal die Erkenntnis, dass es okay ist, wenn man nicht gleich ist. Und ich selber finde es sehr erfrischend, wenn sich Leute von einander unterscheiden. Natürlich sind verschiedene Eigenarten nicht immer einfach zu händeln, aber was im Leben ist das schon !?

    • Franzi sagt:

      Hallo liebe Julia! Ich gebe dir vollkommen Recht. Und vor allem in jungen Jahren sind wir schnell einmal mit Schubladen, aber das ist ok. Solange wir dann auch die eigenen Fehler sehen und sie korrigieren.
      Und ich liebe es auch, unterschiedliche Charaktere am Tisch sitzen zu haben. Aber vielleicht ist es nicht immer leicht und somit sucht man eher Gleichgesinnte und schließt anders denkende schneller aus? Vielleicht auch unbewusst?
      Liebe Grüße

  2. Dany sagt:

    Ja das kenne ich auch. Mittlerweile habe ich gelernt erst einmal zu versuchen hinter die Fassade zu blicken. Nicht gleich einen Schublade zu öffnen sondern erst abzuwarten. Auch mir wurde einmal gesagt „mensch dany du bist so eine liebe Person und hast ein gutes Herz, dabei dachte ich du bist voll arrogant“ das ich so wirke hätte ich nicht gedacht. Vielleicht ist es heute aber auch anders.

    Ein sehr schöner Text.

    Lg Dany

    • Franzi sagt:

      Hinter die Fassade blicken! Das passt ganz wunderbar. Aber ich kenne das auch, mir wurde das auch schon einmal gesagt. Arrogant wirken hat aber eigentlich keine Bedeutung. Es sind ja oft nur kurze Momente und die sollten nie eine ganze Person ausmachen.

      Liebe Grüße und danke für deinen Kommentar

  3. Kathi sagt:

    Toller Text Franzi <3 Ich denke diese Situation gibt es so oder so ähnlich sehr oft, gerade in jungen Jahren, da man sich zu dem Zeitpunkt noch nicht selbst reflektieren kann und sich hinter seinen Vorurteilen versteckt. Das ist das große Plus am Älter werden, man lernt auch einmal hinter die Fassade zu blicken und seine Vorurteile zu überdenken.
    Liebsten Dank für deinen sehr ehrlichen und tollen Text.
    Liebst Kathi
    http://www.meetthehappygirl.com

  4. Juliane sagt:

    Liebe Franzi, was für ein schöner Text. Kurze Passagen, die doch zum Nachdenken anregen. Als Jugendliche habe ich mich nur mit Gleichgesinnten abgegeben. Haben sich meine Freundinnen und ich in unterschiedliche Richtungen entwickelt, hat es nicht selten das Aus für die Freundschaft bedeutet. Dies bedauere ich heute ein wenig und bin froh um jede Freundschaft, die vom Unterschiedlichsein erst bereichert wurde und vielleicht bis heute noch besteht. Heute weiß ich um die Vorteile von unterschiedlichen Lebensweisen und habe Freundinnen und Freunde wie ein bunter Blumenstrauß voll unterschiedlicher Gattungen. Gerade das macht mir mehr Freude als immer nur Rosen, Tulpen Nelken. 🙂

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