In manchen Momenten wünscht man sich fünf Leben in einer Person. Vorallem wenn du eine Meinung zu einem Thema hast, das du vielleicht nicht mehr kennst, noch nicht erfahren durftest- oder nie erleben möchtest. Dann bist du auf jeden Fall raus. Du bist raus aus dem Gespräch und auch oft die, deren Worte ungern gehört werden. Aber vielleicht hast du am Ende doch etwas Gutes zu sagen…
du bist raus- wenn du echt bist in der Liebe
So erging es mir letzten Donnerstagabend, als wir gemeinsam den vermeintlich Neuen der Freundin stalken wollten. Der Grund? Ganz klar, wir wollen doch wissen, wen sie datet und ob er gut genug für sie ist- und auch ein wenig Neugier in Sachen Optik war mit im Spiel. Wie sieht er aus und mit wem ist er alles befreundet? Ja, genau das machen wir noch! Googlen statt real life Stalking. Wesentlich einfacher und effektiver. Wir: Meine Wenigkeit, die schon sehr lange mit ihrem Freund zusammen ist. Dame Nummer zwei ist frischer Single und Dame Nummer drei trägt ganz fröhlich seit ein paar Wochen einen Ring am Finger. Aus jeder Lebenslage eine Frau im Freundeskreis parat zu haben, sollte man wirklich mehr zu schätzen wissen.
Trotz der unterschiedlichen Lebenssituationen wissen wir doch alle noch wie es war. Das Verlieben, das endlose Warten, das Hoffen, Aufgeben, Entlieben oder doch wieder Zusammenfinden. Gut, bei mir ist das Drama eher klein gehalten. Mal räumt er seine Sachen nicht weg, mal nerve ich mit meinem Chaos. Das Singledasein scheint für mich weiter weg als gedacht und noch mehr die Vorstellung, wie ein Mann zu sein hat. Da sieht es die Dame neben mir ganz anders. Frisch getrennt, voller Hoffnungen und Erwartungen. Die Liste vom perfekten Neuen wurde mit jedem Schluck Wein immer länger und irgendwann musste ich sie fragen, ob es ihn denn wirklich geben kann, diesen perfekten Mann, der zuhört, Humor hat, immer einen gepflegten Dreitagebart trägt und a la Beckham seinen Kleiderschrank zu pflegen weiß. Selbst ich als Freundin könnte ihr mit diesen vielen Wünschen nicht genügen, obwohl wir uns schon so lange kennen. Sie lacht und stellt das Glas ab. Dabei fallen dezent ein paar Rotweinspritzer auf meinen neuen hellen Teppich. „Ihr zwei seid schon lange raus aus dem Game. Hier geht es auch darum sich perfekt zu präsentieren. Im Netz, auf Tinder und Co. So ist das eben. Ich weiß doch auch, wir haben alle Macken. Aber die muss mir keiner beim ersten Date zeigen.“
Gutes Argument. Doch leider bin ich ja immer noch eine verkappte Romantikerin und glaube gerade diese Ehrlichkeit bringt uns auf ehrliche Weise zusammen. Kein Fälschen, keine kleine Notlüge, die später vielleicht viel schwerer zu klären wäre, wenn wir denn einmal weiterkommen als bis zum dritten Date. Die Messlatte ist also jetzt das Auftreten, das sich selbst Verkaufen und das Spiel zwischen zwei Menschen schon vorher zu durschauen. Ich blicke sie ungläubig an und mir rutscht nur ein Satz heraus, der uns alle kurz das nette Geplänkel vergessen lässt: „Ist ja wie bei einem Job.“ Sie nickt und wurschtelt frech am Fleck in meinem neuen Teppich herum. Und ich spinne ihre Antwort für mich weiter. Ja, wir spielen. In der Liebe, in der Freundschaft, im ganzen Leben. Wir setzen uns Masken auf, von denen wir glauben, dass sie anderen gefallen könnten und hoffen, dass das wahre Ich am Ende dann doch überzeugt. Wieso aber nicht gleich ehrlich sein? Wieso nicht mit offenen Karten spielen? Sie hat die perfekte Antwort: „Weil ich viel zu viel Angst habe, alles von mir preiszugeben und dann enttäuscht zu werden. Oder auch ihn zu enttäuschen?“
Wir mogeln aus Angst, wir tricksen, weil wir die Enttäuschung nicht ertragen könnten. Dabei sind wir am Besten, wenn wir einfach wir sind.
Aber vielleicht bin ich da wirklich einfach raus?
Ich finde auch, mit Ehrlichkeit kommt man weiter! Ich war immer ehrlich meinem Freund gegenüber – und er mir auch! – und genau das hat uns gezeigt, wie wir uns mögen. Ich bin zu Ihm gezogen und wusste ganz genau wie er ist, hatte keine „rosa-rote-Brille“ an und genau das, macht das wir so gut zu einander passen =)
xoRosie //Rosie’s Life
Ich kann deine Freundin verstehen – ich habe auch schon oft überlegt mich ein wenig mehr ins bessere Licht zu rücken…
Danke für Deine Gedanken.
Ja, Menschen versuchen sich so häufig in ein „vermeintlich“ besseres Licht zu rücken. Es steckt doch in uns allen der Wunsch nach Anerkennung und Zuneigung.
Bis wir merken, dass wir uns selbst genug wert sind, dauert es oft einige Erfahrungen.
Erst dann sind wir doch erst wirklich bereit für Begegnungen mit den Menschen – Freunden, Partnern, Seelenverwandten – die wirklich passen. Alle Unaufrichtigkeit bzw. das Ausbessern unseres „Profils“, dient doch letzten Endes unserer Entwicklung und dem Bewusstsein für uns Selbst, dem wir Schritt um Schritt näher kommen mit jeder darauf folgenden Erfahrung.
Jeder hat sein eigenes Tempo…
Es kostet so viel Mut und Liebe zu dem zu stehen, wer wir eigentlich sind – unsere eigene Liebenswürdigkeit und unseren Wert zu erkennen. Dann begegnen uns die Menschen, die uns ehrlich annehmen können, einfach so….
Und das ist wunderbar!
Liebste Grüße, Nina
Sich ehrlich kennenzulernen, mit allen Macken, Fehlern und Vorzügen auf dem Silbertablett, das ist etwas ganz besonderes. Dann auf einer Wellenlänge zu schweben, nach einem schlechten Tag mit Schokoladenpudding begrüßt zu werden, keine Hemmungen zu haben, seine Gedanken, Wünsche und Ziele – so eigen sie auch sein mögen – mitzuteilen, das war das befreiendste Gefühl, dass ich mit einem Mann bisher erlebt habe.
Diese aufrichtige Ehrlichkeit führte allerdings auch dazu, dass es wie eine fast-beziehung blieb.
Am Anfang ist es vielleicht doch schöner das ein oder andere zu verschweigen, nur ein paar Macken preiszugeben um sich selbst die große Enttäuschung zu ersparen, wenn man zuviel gegeben hat.
Super artikel! Du hast es ziemliche auf den Punkt getroffen.. Wer kennt diese Situationen nicht? Immer wieder stellt sich einem die Frage: wieviel „echtes ich“ verträgt die Situation? Danke für deine schönen Worte 🙂