Sich zurückzuziehen und sich dafür zu entscheiden jemanden nicht mehr zu sehen, ist für beide Seiten schwer. Doch für diejenige, die den Bruch nicht möchte, ist die Situation wohl am schwersten nachzuvollziehen.
Was steckt dahinter, wenn dich jemand von heute auf morgen im Stich lässt? Was geht in den Menschen vor, die nicht mehr auf deine Anrufe oder WhatsApp-Nachrichten antworten? Die dir den blauen Haken im Chat vorenthalten, für dich nicht mehr online sichtbar sind und dich überall blockieren?
Aus den Augen aus dem Sinn- 3 Frauen und 3 Meinungen. Warum ich dich ghoste.
Ein Erklärungsversuch.
Frau Nummer eins
:26 Jahre alt, hat ihre ehemalige Freundin auf stumm geschaltet.
Es gibt keinen Grund, jemandem sofort Lebewohl zu sagen und ihn aus dem Leben zu streichen. Es muss immer über das Problem gesprochen werden, das in der Luft liegt. Genau das würde ich jedem raten, der gerade eine schlechte Phase mit anderen durchmacht. Nicht gleich aufgeben, nicht gleich weiterziehen, sondern dranbleiben. Aber das habe ich zum ersten Mal nicht gemacht.
Ich habe nicht mehr zugehört, ich habe nicht mehr nur mit dem Kopf geschüttelt, ich habe Goodbye gesagt, und das eher heimlich als direkt. Warum?
Weil ich schwach bin, weil ich nicht den Mut hatte zu sagen, dass so wie wir uns in unserer Freundschaft entwickelt haben, wir uns beide nicht mehr gut tun. Ich kann mit deiner Einstellung nichts anfangen, finde viele Entscheidungen falsch und kann in vielen Bereichen deine Meinung nicht teilen. Ich finde dich nicht mehr passend zu meinem Leben.
Wie sollte ich das alles sagen, ohne dich zu verletzten? Wie sollte ich dir erklären, dass wir total unterschiedlich sind und kaum etwas gemeinsam haben, ohne dich zu beleidigen? Bin ich feige? Ja. Muss ich jedem alles auf die Nase binden, was ich über ihn denke? Nein. Ich habe für mich erkannt, dass ich nicht das Maß der Dinge bin, aber mein Leben so leben will, wie und mit wem ich will. Ich will mich nicht erklären, ich will nicht zurückrudern wegen der alten Zeiten. Ich will mich nicht entschuldigen für das, was ich tue.
Da ich kein gutes Wort für dich übrig habe meide ich dich lieber. Ich schaffe es nicht all das zu sagen was ich über dich denke, weil ich nicht die Kraft, den Mut und die Lust habe. Sei mir nicht böse, aber nur weil wir in der 8. Klasse Best Friends waren, müssen wir es heute nicht immer noch sein. Ich bin nicht mehr die von früher und darüber bin ich froh.
Mit dieser Entwicklung konntest du nicht umgehen, und ich nicht mehr mit unserer Freundschaft.
Vielleicht ist es nicht fair einfach so zu gehen, aber ich fände es noch unfairer dir etwas vorzuspielen. Selbst eine Aussprache ist mir gerade einfach zu viel. Ich ghoste dich, weil ich gerade nicht fähig bin alles richtigzustellen oder dir meine Meinung zu sagen. Im Grunde ist es mir inzwischen auch egal.
Frau Nummer zwei
: 24 Jahre alt, ignoriert ihre Schwester. Aus gutem Grund.
Blut ist dicker als Wasser, sagt man. Familie macht dich glücklich und ist am Ende immer für dich da, sagt man. Aber ich habe das nie so erfahren. Ich war immer die kleine Schwester die genervt hat, die albern war, mehr Aufmerksamkeit bekam und es sowieso immer einfacher hatte. Das Nesthäkchen mit der großen Schwester, die es immer schwerer hatte, die mir nichts gönnte und selbst nach ihrem Auszug kaum ein Wort mit mir redete. Was habe ich getan? Das was viele Menschen tun würden- um deine Liebe gekämpft, um deine Aufmerksamkeit gebettelt. Ich eiferte nur dir nach, wollte auch so sein und leben wie du, damit du mich endlich akzeptierst und ich ein Teil deines Lebens sein darf. Erst durch meinen Mann bemerkte ich wie albern das war, wie ich deine blöden Worte und die kleinen Sticheleien hinnahm und als geschwisterliches Necken abtat.
Dass es dir aber immer nur darum ging mich persönlich und dort zu treffen wo es weh tat, habe ich verdrängt.
Alle haben dieses Verhalten toleriert, ob am Mittagstisch bei Oma oder bei uns zu Hause. Du musstest mich immer vorführen, mich belächeln und schlecht reden. Die Kleine, die nichts leisten musste. Daneben du, die alles vorgelebt und richtig gemacht hat. Bis mich mein Mann irgendwann einmal fragte,…
warum du so mit mir redest und warum es für alle im Raum immer völlig ok war.
Da fiel sie mir auf, die Wut die du an mir auslässt und die Verachtung, die du mich immer wieder spüren lässt. Und auf einmal war ich sauer. Zuerst nur auf mich, weil ich es nicht erkannt habe. Dann auf dich, weil es dir egal war und am Ende auf meine Familie, die es stillschweigend hinnahm, dass du so mit mir umgegangen bist. Ich beschloss dich aus meinem Leben zu streichen. Keine Mail, keine SMS, keine Telefonate mehr. Keine Familienfeier und kein Treffen mehr.
Du bist seit über 12 Monaten aus meinem Leben verschwunden und es geht mir besser. Meine Wut auf dich ist immer noch da, aber ich lerne gerade mit ihr umzugehen und dich zu vergessen. Ich ghoste dich, weil du mir noch nie etwas Nettes sagen oder wünschen konntest.
Frau Nummer drei
: 33 Jahre alt, hat ihrer On-Off-Beziehung mit viel Hilfe den Laufpass gegeben.
Ich bin schwach, ich bin ihm verfallen. Er ist einfach immer wieder aufgetaucht und ich habe ihn immer wieder zurückgenommen. Ich schäme mich, es laut auszusprechen. Aber ich musste aus reinem Selbstschutz die Notbremse ziehen. Mein Umfeld konnte schon lange nicht mehr verstehen, was ich an ihm finde, einem Mann der nie so wirklich in meinem Leben war, um sich wirklich in mich zu verlieben.
Zwei Jahre lang war ich seine Affäre.
Zwei Jahre lang hat er mir erklärt, dass er seine Frau für mich verlassen würde um eine Familie mit mir zu gründen. Dann wurde sie schwanger und er bat mich um noch mehr Zeit. Ich beendete die Affäre und musste ein Jahr lang mit einem gebrochenen Herzen kämpfen- bis er plötzlich wieder vor meiner Tür stand und mir Gott und die Welt versprach.
Er war mitten in der Scheidung und bereit für mich und einen Neuanfang. Ich gab nach, ließ mich wieder in seine Arme fallen und vertraute ihm blind. Bis ich herausfand, dass nun ich die betrogene Ehefrau war. Er hatte eine Affäre, oder zwei, oder drei? Ich trennte mich und wollte ihn nie wieder sehen, bis er auf den Knien vor mir bettelte und Besserung gelobte. Er wäre noch nicht bereit gewesen für so viel Liebe und für nur eine Frau in seinem Leben.
Ich ließ mich wieder darauf ein und auch auf seine Eskapaden neben unserer ach so großen Liebe, denn ich dachte ich kann das hinnehmen für ihn, den Mann in meinem Leben, an den nie eine anderer Mann herankommen würde.
Ich war ihm verfallen und ich war damit nicht allein. Seine erste Frau stand irgendwann mitten in der Nacht vor meiner Tür, heulend. Drei Kinder hatten sie gemeinsam, drei mal war es aus und nun wollte sie, dass ich endlich aus ihrem Leben verschwinde. Ich habe nicht einmal gewusst, dass er bereits dreifacher Vater war. Ich habe nicht gewusst, dass er ihr seit sieben Jahren genau das gleiche erzählt, wie mir. Ich habe geahnt, dass wir zwei nicht die einzigen sein können. Ich schloss die Tür, rief meine Freundin an und bat sie um Hilfe. Ich war offiziell abhängig von ihm, von seinen Worten und von seiner kranken Art zu lieben. Ich musste sofort auf Entzug gehen, wenn ich mich selbst noch retten will. Nur ohne Hilfe hätte ich das nie geschafft. Meine Freunde haben mir geholfen ihn zu ghosten.
Heute bin ich umgezogen, habe eine neue Nummer, bin im Netz auf allen Plattformen gelöscht und habe mein komplettes altes Leben hinter mir gelassen. Für ihn bin ich verschwunden, aus reinem Selbstschutz. Ich ghoste dich, um endlich wieder richtig leben und lieben zu lernen.
[…] Morgen wurde ich durch einen Blogbeitrag von Zukkermädchen selbst zu einem neuem Thema für meinen Blog […]