Eines vorweg: Das hier ist kein juristischer Ratschlag sondern meine Einschätzung zum Thema. Lasst euch in rechtlichen Fragen immer vom Fachmann beraten. Das hier sind meine Gedanken, wie ich mit dem Thema Abmahnungen umgehe und es umsetze.
Es ist in aller Munde und im Jahr 2018 wohl das Thema für uns Influencer und nun auch für euch die Follower:
Die Abmahnungen rund um die korrekte Kennzeichnung von Werbung auf Instagram. Kommerzielle Inhalte müssen als Werbung gekennzeichnet werden, um sich so vom redaktionellen Inhalt abzuheben. Und gerade muss „Werbung“ scheinbar vor jedem Post auf Instagram stehen. Niemand weiß nach welchen Kriterien abgemahnt werden kann.
Wenn Geld für den Content geflossen ist oder ein Produkt versendet wurde, ist für mich die Kennzeichnung als kommerzieller Inhalt schon lange selbstverständlich. Offenbar ist es nun im Bewusstsein aller angekommen, dass es sich um eine ganz offizielle Pflicht handelt.
Werbung als solche zu kennzeichnen ergibt sich einerseits aus den Telemediengesetz TMG, anderseits aus dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb UWG und aus dem Rundfunkstaatsvertrag RstV. Das Problem ist die Auslegung dieser Gesetze und die Anwendung auf neue Medien. Es wird unterstellt, dass die Markierung, das Taggen auf Instagram auf kommerzieller Absicht begründet ist. Die ersten Urteile in den ersten öffentlichen Fällen sind Einzelfälle, manchmal überzogen und doch am Ende eine logische Konsequenz allgemeiner Verunsicherung aufgrund nicht aktueller Gesetzesauslegung.
Achtung: Nein ich denke nicht, dass Blogger horrende Summen an Anwälte oder an zweifelhafte Vereine zahlen sollten für dreiste Abmahnungen. Aber was vor Jahren einfach egal war, scheint uns jetzt Kopf und Kragen zu kosten.
Das Kennzeichnen von Werbung ist in jeder Branche Pflicht, damit ihr als Leser und als Endverbraucher sehen könnt: Hier wurde Geld investiert oder ein Produkt zugesandt, um es zu bewerben. Ohne Kennzeichnung liegt die Vermutung nahe, dass es um Schleichwerbung handelt.
Zuerst reichte ein „ad“ oder „sponsored“ am Ende des Textes. Dann gingen wir über zu den Worten „Werbung“ und „Anzeige“, die nun seit gut zwei Jahren immer am Anfang jedes bezahlten Posts stehen müssen. Getan wie befohlen. Doch weil das alles ein großer schwammiger Bereich ist, in dem sich Fachwissen und Unwissenheit gegenüberstehen, werden wir wohl oder übel noch eine Weile auf ein deutlich anzuwendendes Gesetz und Richtlinien warten müssen. Und so lange wittern Vereine und Anwaltskanzleien das große Geld.
Irgendwie verständlich, denn das Chaos haben wir Influencer mit verursacht. Nicht immer wurde genau und richtig gekennzeichnet. Die Grenzen zwischen Meinung und Werbung verschwammen, und genau das ist jetzt unser größtes Problem.
Ich als Brancheninterne kann oft schon an den ersten Zeilen erkennen, was selbstgekauft oder eine Presseaussendung ist. Doch ihr als Follower könnt das unter Umständen nicht erkennen. Euch erreichen keine Pressemitteilungen oder Produktauslieferungen, an denen ihr das ausfindig machen könntet. Nur der Hinweis des Influencers kann Aufschluss über den Hintergrund eines Postings geben.
Weil diese Verantwortung in vielen Fällen über Jahre nicht wahrgenommen wurde, muss man heute als Follower immer davon ausgehen, dass dieser Inhalt Werbung ist.
Das sehe ich ein. Wenn der Account auf Instagram ein Businessaccount ist und ein hauptberuflicher Zweck verfolgt wird, dann muss ich als Follower auch davon ausgehen, dass es eine Dauerwerbesendung ist. Auch wenn es scheinbar persönliche Empfehlungen sind, wie Hotels, Agenturen, Marken oder Kollegen, ist es am Ende doch Werbung. Sie dient dazu, den eigenen oder einen anderen Account beliebter und bekannter zu machen und damit am Ende auch Geld zu verdienen.
Mit dieser These bin ich fein und ich finde es nicht schlimm, dann auch alles so zu kennzeichnen.
Was ich an der ganzen Sache bedenklich finde, ist die gegenwärtige allgemeine Verunsicherung, die durch scheinbar wahllose Abmahnungen entsteht. Der Unterschied zwischen Hobby und Beruf verschwimmt und die Kommunikation und Art und Weise mit den Abgemahnten umzugehen ist unter aller Sau.
Mir fehlt ein wenig die Augenhöhe und das faire Bewusstsein, das wir uns in einer Grauzone befinden. Aber vielleicht müssen wir uns dieses Bewusstsein und diese Akzeptanz als Schaffer redaktioneller Inhalte erst wie immer wieder erkämpfen. Das ist für mich nichts Neues. Ich blogge seit zehn Jahren und kämpfe damit schon eine Weile um Anerkennung eines leider noch immer „neuen“ Berufszweigs.
Wie gehe ich jetzt mit der Abmahnwelle um?
Ich bin schon schockiert darüber, wie Gerichte in den jetzt aktuellen Fällen entschieden haben. Ich muss aber auch zugeben- ich habe es nicht anders erwartet. Alles verändert sich und nun ist auch der Beruf Influencer im Bewusstsein der Masse angekommen. Ich muss keiner Behörde mehr erklären was ich tue. Doch neben den unglaublich tollen Möglichkeiten und Chancen habe ich die Pflicht, mich an Gesetze zu halten. Schön wäre doch gewesen, wenn wir das Telemediengesetz einfach an der einen oder anderen Stelle auf digital angepasst hätten. Aber jetzt heißt es wie immer: Abwarten.
Wer mahnt mich ab?
Auf jeden Fall nicht das Finanzamt. Ich habe keinen Plan wer mit diesem Märchen angefangen hat, aber bevor ihr euch aufregt, lest vorher bitte auch einmal ein Urteil oder ein Gesetz nach. Ich finde es erschreckend, wie viel Müll gerade erzählt wird und wie wenig sich wirklich informiert wird. Die Landesmedienanstalt des jeweiligen Bundeslandes, Kollegen und Verbände können dich abmahnen. Grob gesagt kann jeder, der sich in deiner Branche und damit im Wettbewerb mit dir befindet, dich wegen unlauterem Wettbewerb abmahnen.
Warum werde ich abgemahnt?
Weil gerade nicht ersichtlich ist, was wirklich Werbung ist und was nicht. Damit verschaffst du dir einen Wettbewerbsvorteil gegenüber deinen Mitbewerbern, die Werbung als solche kennzeichnen. Ob eine Dauerkennzeichnung das besser machen wird, sei dahingestellt. Aber durch die jahrelange Grauzone ist einfach eine ganze Menge Content im Netz aufgelaufen, der mal gut, mal schlecht und mal gar nicht gekennzeichnet wurde, und uns nun auf die Füße fällt.
Wer kann abgemahnt werden?
Jeder, der ein öffentliches Profil hat und Marken erwähnt, tagged oder verlinkt. Niemand weiß, ob du die Produkte wirklich selbst gekauft hast, sie dir zugesandt wurden oder eine andere Gefälligkeit dafür geleistet wurde.
Wie kennzeichne ich jetzt meine Posts?
Aufgrund der aktuellen Verunsicherung über vermutlich kommerzieller Inhalte solltest du, wenn du eine Marke verlinkst, sie zeigst, taggst, oder Kollegen markierst die davon profitieren könnten, am Anfang deiner Caption immer zuerst das Wort „Werbung“ oder „Anzeige“ schreiben. In den Stories markierst du genau so. Du kannst es für deine Leser verständlicher machen, in dem du Erläuterungen wie „Werbung weil Produktsample“, „Werbung weil bezahlt“ oder „Werbung weil Markennennung“ nutzt.
Was nicht geht:
- Das Wort „Werbung“ als Hashtag
- „Ad“ oder „Sponsored Post“ am Ende des Textes
- Das Wort „Werbung“ und somit die Kennzeichnung in einem Wust aus Hashtags verbergen
- „Dauerwerbesendung“ in der Profilbeschreibung. Weil Instagram nur deine Bilder ausspielt und nicht dein ganzes Profil oder deine Profilbeschreibung, reicht das nicht aus.
Vermutungen, Behauptungen und Mythen
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„Nur hauptberufliche Influencer können abgemahnt werden.“
Es gibt viele weitere Abmahnungen, von Hobbybloggern bis hin zu privaten Usern, die einfach nur Bilder aus ihrem Alltag teilen wollten.
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„Alle Ortsmarkierungen werden abgemahnt.“
Nein, es geht speziell um Tags von Hotels, Restaurants und Marken. Du machst in diesem Moment Werbung für das Hotel oder das Restaurant, selbst wenn du dafür nicht bezahlt wurdest. „Berlin“, „München“ oder „Homesweethome“ in Buxtehude können nicht abgemahnt werden, weil dahinter keine Gewinnabsicht zu vermuten ist
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„Das Finanzamt mahnt dich ab.“
Totaler Quark. Sie stehen in dem Sinne nicht im Wettbewerb mit dir und nerven dich lieber ganz anderen Sachen. Die Abmahnungen, die zur Zeit das Haus verlassen kommen von anderer Stelle.
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„Wenn ich abgemahnt werde, unterschreibe ich lieber schnell die Unterlassungserklärung.“
Nein, du solltest nie ohne rechtlichen Beistand eine Unterlassungserklärung unterschreiben. Es könnte sein, dass du damit überzogene Vereinbarungen und Klauseln anerkennst, die dir im Nachhinein und noch Jahre später von Nachteil sein können.
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„Du kannst nichts mehr zeigen und bist so in deiner Meinungsfreiheit eingeschränkt.“
Nein. Du musst es einfach nur markieren, dann kannst du auch alles zeigen. Oder du taggst die Marke einfach nicht mehr. Aber ja, die Urteile können dazu führen, dass Meinungen auch eingeschränkt werden. Das erkläre ich euch im nächsten Abschnitt.
Was wünsche ich mir?
Ich würde mir wünschen, dass wir schnell zu einem klaren und anwendbaren Gesetz kommen und dass Influencern nicht pauschal die Schaffung redaktioneller Inhalte abgesprochen wird.
Ich wünsche mir, dass der Verband Sozialer Wettbewerb VSW einmal auch bei seinen großen Verlagsmitgliedern genauer hinschaut, denn dort wird oft genug auch im Onlinebereich redaktioneller Content und bezahlte Werbung vermischt. Gleiches Recht für alle.Ich wünsche mir, dass Influencer das Thema ernst nehmen, sich hinsetzen, sich belesen und sich gegenseitig unterstützen, anstatt auf Instagram ein Drama nach dem anderen zu starten und nicht zu verstehen, dass die kommenden Urteile wegweisend für eine komplette Branche sein werden.
Ihr Follower und Leser habt ein Recht auf Transparenz und solltet verstehen: Wenn uns ein Gesetz verbietet andere Accounts zu verlinken, die etwas Tolles zu sagen haben, die Hilfe brauchen, die auf Themen aufmerksam machen oder die eine politische Meinung vertreten, dann ist das ein Eingriff in die Grundrechte auf Meinungs- und Pressefreiheit.
Außerdem ist das Taggen von Accounts wie Peta oder Focus oder die Nasa, wie das Verlinken einer Webseite. Das ganze Internet und nicht zuletzt Instagram besteht aus Links. Keine Links, kein Internet. Keine Tags, kein freier Austausch. Keine Meinungen, keine redaktionellen Inhalte, keine Pressefreiheit.
Wir müssen weiter für ein freies Internet kämpfen.
Abmahngate oder übertreiben wir Influencer?
Der definitiv beste Artikel zu dem Thema! Danke dafür!
Dein Artikel ist wirklich gut geschrieben. Ich finde die aktuelle Lage etwas kompliziert und undurchsichtig. Ich persönlich finde es nicht ganz richtig, selbst gekaufte Sachen, mit Werbung zu kennzeichnen. Was ich mich auch frage, gilt die ganze Diskussion eventuell auch für den Blog? Ist jeder Link auf dem Blog, egal ob bezahlt oder nicht, auch Werbung? Die Transparenz geht hier für mich etwas verloren.
Liebe Grüße
Alexandra
Transparenz ist wichtig. Ich habe nichts gegen eine präzise Kennzeichnungspflicht im Internet. Und finde die genaue Werbe Kennzeichnung mit einer kurzen Begründung gut. Nur die Verlage sollten hier auch in die Pflicht genommen werden. Was ferner nach dem 04.07. geschehen wird, falls Upload Filter doch eingeführt werden sollten, bleibt abzuwarten. Da bin ich skeptisch, dass diese reibungslos funktionieren werden. Könnte das unser Ende der Meinungsfreiheit im Internet bedeuten?
Die bisher beste Aufklärung/Artikel die ich über dieses Thema gelesen habe. Vielen Dank.
Endlich! Alle machen Panik, dabei haben wir es selbst zu verschulden, weil von Anfang an nicht richtig gekennzeichnet wurde. Außerdem würde ich erst einmal abwarten. Die Gesetzgeber müssen reagieren und endlich Regelungen schaffen. Ende Mai war es die DSGVO und jetzt die Werbung und am Ende ist alles wieder gut.
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Liebe Namensvetterin Franzi,
normalerweise kommentiere ich nicht mehr wirklich viel… eigentlich schade. Aber heut muss es sein! Unter den vielen vielen Beiträgen die ich in der letzten Zeit gelesen habe, ist deiner der schlauste und objektivste Beitrag bisher! Danke dafür :*
Liebe Grüße, Franzi
[…] Abschluß möchte ich euch noch einen Beitrag von Franzi zu diesem Thema […]