Kolumne

Ein bisschen viel wir, oder? Wenn Paare zu einer Person mutieren

29. April 2018 von

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Ein bisschen viel Wir, oder? Wenn Paare zu einer Person verschmelzen… 

… und du einmal eine Freundin für dich allein hattest. Jeden Samstag ausgehen? Jeden Sonntag ein Sprachnachricht oder ein Kaffeedate? Alles toll und alles gut, solange sie Single ist. Bis dahin steht euch als Freundinnen die Welt offen. Alles wird bequatscht, alles wird geteilt und man hält zusammen. Durch dick und dünn, so eine richtig innige Freundschaft, mit viel Wissen um den anderen. Mit vielen kleinen Details, die niemand sonst erfahren wird oder je verstehen kann. Wie trinken wir den Wein? Welches Essen gibt es jeden Donnerstagabend? Bei welchem Lied müssen wir unbedingt die Tanzfläche stürmen? Wen mögen wir gemeinsam nicht? Wen wollen wir unbedingt einmal näher kennenlernen?

In diesen Phasen, wenn beide im besten Fall Single sind, läuft die Welt rund. Zumindest das Privatleben fühlt sich für beide ausgefüllt an. Wir stehen uns immer zur Seite. Jede Nachricht wird sofort gelesen und auch sofort beantwortet. Ein neues Bild ist online? Das erste Kommentar kommt von ihr. Ein neues Kleid bestellt? Sie weiß es zuerst und bewundert es.

 

 

Freundschaftsbingo.  Der 6er im Freundschaftslotto. Herzmensch Alarm. 

Doch selbst wenn eine von beiden schon länger vergeben ist besteht die Möglichkeit eine richtig gute Freundschaft aufzubauen. Denn es ist egal ob Single oder nicht. Am Ende ist es ja eine Freundschaft, die alles überstehen kann und an neuen Lebensabschnitten wachsen darf. Es sei denn du bist mit einer Frau befreundet, die mit dem ersten Date, dem ersten Kuss und der ersten Liebe als Individuum vom Erdboden verschwindet und als „Wir“ wieder auftaucht. Wie Phönix aus der Asche schüttelt sie das alte Leben einfach ab und ist über Nacht mit einem Partner verwachsen. Plötzlich wird jedes Treffen zum Pärchenabend, ob du willst oder nicht. Die Cocktails in der Bar: Mit ihm. Lästern über die Arbeitskollegen: Mit ihm. Nächte durchtanzen: mit ihm. Essen gehen nur noch zu dritt. Immer. Jede freie Minute. Wir, Wir  und Wir.

Von heute auf Morgen werden Nachrichten im Wir- Modus beantwortet.

„Wir kommen, wir mögen, wir gehen.“

Die Nachrichten verwandeln sich in Pärchenchats. Jetzt stehen auch Doppeldates an. Sie sitzen dir gegenüber und tauschen andauernd verliebte Blicke aus. Sie streicheln sich und sie wollen überall und jedem beweisen wie stark die Liebe zwischen ihnen ist.

Anfangs freust du dich noch für sie. Sie ist ja glücklich. Doch spätestens dann, wenn sie auf einmal seine Hobbys annimmt und deine ziemlich öde findet, fällst du vom Glauben ab. Vom Freundschaftsglauben. Du redest mit ihr, während sie sich in der Bar neben dir knutschen. Sie meldet sich nur, wenn er auch Zeit hat und sie weiß auf einmal nicht mehr viel über dich, aber er umso mehr.

Du bekommst nur Antworten auf deine SMS wenn er da ist und beide Zeit haben. Sie geben sich Kosenamen, sie sind ebenso immer dafür bereit ein „Schatz, wo bist du nur?“ durch das ganze Kaufhaus zu schreien, obwohl ihr das noch vor ein paar Monaten auf der „No Go“ Liste ganz weit oben stehen hattet. Und natürlich sind Mädelsabende nun geprägt von seiner Teilnahme. Bis die Liebe bröckelt.

Manchmal verschwindet das Wir von einem auf den anderen Tag wieder. Und du sagst dir, „Wow, die Phase haben wir überstanden. Alles ist beim alten. Alles läuft wieder so wie vorher.“ Bis sie sich wieder verliebt und aus der Person die du so schätzt wieder ein Wir wird. Mit jedem neuen Mann mutiert sie zu einem neuen Wir. Alles wird stehen und liegen gelassen. Nichts scheint so wichtig wie die Bedürfnisse in der Beziehung.

 

Nichts scheint so wichtig wie die Bedürfnisse in der Beziehung.

Ehrlicherweise kann ich das in manchen Situationen nachvollziehen. Wer frisch verliebt ist und wer gern Zeit miteinander verbringt, der soll das um Gotteswillen tun. Aber doch bitte nicht auf Kosten der eigenen Persönlichkeit. Ich möchte meine Freundin trotzdem wiederkennen; ich möchte nicht, dass sie ihre Prinzipien, Meinungen und Vorstellungen über Board wirft, nur um ein wenig in verliebten Gewässern zu schippern. Ich möchte meine Freundin behalten. Sie darf sich verändern, sie soll wachsen und sie soll sich immer wieder so verlieben, sie soll glücklich sein. Aber sie muss sich doch nicht aufgeben für einen anderen Menschen, der wenn er weg ist, auch ihre Persönlichkeit mitnimmt. Was wird dann nach Jahren der Anpassung bleiben? Ein Mensch der immer drauf hofft, dass der nächste Partner ihm schon einen Sinn im Leben gibt. Mit neuem Freundeskreis, mit neuen Hobbys, mit dem großen Wir. 

Ich bewundere Frauen, die diese Freundinnen immer wieder auffangen und aufpäppeln, wenn es mal wieder vorbei ist mit der Beziehung.

Ich verstehe Frauen nicht, die gern alles aufgeben, nur um von einem Wir sprechen zu können. 

 

Wenn Paare zu einer Person verschmelzen. Es gibt doch noch mehr als Wir, Wir, Wir, oder?

Kommentare

Bisher 4 Kommentare zu “Ein bisschen viel wir, oder? Wenn Paare zu einer Person mutieren”

  1. Jessica sagt:

    Aber findest du nicht, dass „Wie trinken wir den Wein? Welches Essen gibt es jeden Donnerstagabend? Bei welchem Lied müssen wir unbedingt die Tanzfläche stürmen? Wen mögen wir gemeinsam nicht? Wen wollen wir unbedingt einmal näher kennenlernen?“ auch sehr nach einem WIR ohne Ich und Du klingt? Nur eben mit der besten Freundin. Man nährt sich nun mal Menschen an, man will ganz viel Zeit mit ihnen verbringen und irgendwie wird man halt ein Wir. Das gilt für beste Freundinnen wie für Paare.

  2. dajana sagt:

    mein fass zum thema pärchen ist ja schon zu valentinstag übergelaufen. ich liebe die liebe und jeder soll sich und seine mitmenschen lieben aber vor allem eben sich … hier geht‘s zu meinen gedanken: http://www.impulsee.eu/2018/02/14/ewige-liebe-gemeinsam-gegen-den-rest-der-welt/

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