Kolumne

Vom Zweifeln und Selbstfinden- darf ich das noch?

5. Februar 2017 von

14 Kommentare · Kommentar schreiben

Donnerstagabend und ich sitze in meinen Hotel. Ich korrigiere mich: Ich fläze. Ich bin faul, kaputt von einem tollen Tag und habe kurz ein wenig Lebenszeit an unsinnige Gedanken verschenkt.

selbst gluecklich sein zufrieden selbstbewusstsein bin ich schoen

Ich bin mir nach dem Aufstehen und dem Blick in den Spiegel sicher, das wird ein guter Tag. Bombe wird der, denn ich bin ja in Kopenhagen. Richtig spontan, richtig gut. Wir treffen uns alle im Lift, tauschen uns aus. Ich bin da, so wie ich bin. Normalerweise kann jetzt nichts mehr schief gehen. Normalerweise läuft das wie am Schnürchen.

Oder auch nicht.

Denn gerade dann wenn du dich gut fühlst kommt es über dich. Wie früher, beim Eintritt in den Klassenraum, auf der Party oder im Vorlesungssaal. Du übertrittst die Schwelle, du hebst den Blick und bist auf einmal  todunglücklich mit dir selbst.

Wir erreichen die erste Show. Der Schalter legt sich um und ich bin gefühlsmäßig da, wo nie jemand gern ist: Im Keller. Ich bin auf einmal mies gelaunt und mit mir unzufrieden, aus dem Nichts heraus. Mit der Frisur, den roten Lippen und dem verdammt öden Outfit. Willkommen auf der Fashion Week in Kopenhagen.  Ich blicke mich im Raum um und fühle mich einfach unpassend, unwohl in meiner Haut. Selten passiert mir das, aber wenn dann wie früher. Wie ein alberner Flashback. Ich muss fast lachen, aber eigentlich möchte ich mich lieber verkriechen, denn meine Haut zwickt an mir.

Genau dann, wenn du denkst du bist voll bei dir, kommt die Unsicherheit um die Ecke und klatscht dir die volle Ladung vermeintliche Realität ins Gesicht. Das macht mich reizbar und unsicher. Passt ja auch zum Unglücklichsein. In dem Moment sind alle schöner, klüger und offensichtlich glücklicher. Wie albern das klingt weiß ich sonst auch immer. Doch das Gefühl lässt sich in dem Moment selten kleinreden. Im Gegenteil, es will wachsen. Ich suche wie wild nach verurteilenden Blicken, die meine Gedanken über mich bestätigen. Das Gute ist, ich bin in Kopenhagen. In den Gesichtern kann ich nichts Böses erkennen. Nicht einmal, weil ich es unbedingt will. Ich suche schnell nach einem Ausweg. Ich suche nach einem ruhigen Ort, an dem ich mich wieder finden kann.

Die Damentoilette.  Ich blicke mir unzufrieden im Spiegel entgegen. Ich sehe mich, aber erkenne mich nicht wirklich wieder. Gerade jetzt fallen mir alle Fehler an mir auf. Aber ganz klar nur die, die man auch sehen kann. Ich bin unzufrieden, wusele mit den Fingern in den Haaren herum und zupfe an meiner Kleiderwahl.

Du hast dich gerade gefühlsmäßig zurück in die Vergangenheit katapultiert, mit Gedanken die du gern ablegen würdet. Bin ich gut genug, passe ich jetzt genau hier her? Und wieso fühlt es sich so falsch an, gerade ich zu sein?

Ich sehe mir an wie unglücklich ich bin und wie ich versuche jemandem die Schuld zu geben. Das Licht, die Dänen, die oberflächliche Modewelt, oder doch nur die verdammt schönen Frauen, die mich begleiten? Nein, ich weiß wer Schuld an dieser Situation ist. Ich ganz allein bin für mein Unglücklichsein verantwortlich. Ich mache mir gerade selbst alles schlecht. Wie früher, wie immer? Ja. Wieso taucht das immer wieder auf, dieses Gefühl fehl am Platz zu sein? Nicht richtig, nicht echt, nicht ich? Gute Frage, keine wirkliche Antwort.

Normalerweise bin ich doch zufrieden. Klar, mal wünscht man sich mehr oder weniger, einfach aus der Träumerei oder Sehnsucht heraus. Sonst weiß ich wo ich stehe und was ich will, aber gerade jetzt kommen Zweifel auf. Sie meckern und mosern so lange bis ich selbst glaube, ich passe nicht hier her. Bis andere mein Gefühl auch aufnehmen und anfangen das zu glauben, was ich gerade heimlich in meinem Hinterstübchen ausbrüte. Indem man das austrahlt, was man gerade fühlt. Das kann nicht gut sein, ich sehe es ja im Spiegel.

Ich würde mich jetzt gern vergraben, einen Tunnel bauen bis zu meinem Bett und die Decke über den Kopf ziehen. Ich bin unglücklich mit mir, mit meinem Ich, das ich gerade im Spiegel erkenne. Obwohl ich die Zeit hier genießen sollte, beschäftige ich mich mit einem absolut sinnfreien Gefühl. Diese bescheuerte Erkenntnis kostet mich eine ganze Stunde. Eine Stunde in der ich in mich gehen muss um zu erkennen, auch jetzt noch kann mich die Unsicherheit packen und einfach aus dem Moment nehmen. Ich bin schon um einiges gewachsen, weiß wie ich mich selbst auffangen kann, aber manchmal ist es einfach nicht möglich sich wachzurütteln.Vielleicht gehört hier auch die Erkenntnis dazu, dass zweifeln völlig ok ist. Man muss nur wissen ob es sich lohnt, oder ob es nur eine alberne Phase ist- über die man gern lachen sollte! Meine Situation hier zählt definitiv zur zweiten Variante.

Es ist menschlich mit sich und der Welt zu hadern, es nervt nur wenn doch immer wieder das eigene Selbstbewusstsein mal kurz den Raum wechselt und du ohne dastehst.

Ob Erfahrung oder Alter, es wird mich wohl immer wieder packen und fordern, das Gefühl mehr sein zu müssen. Selbst jetzt noch kann mir ein Raum voller gut gekleideter Menschen ein wenig Unsicherheit verpassen. Gott sei Dank hält das nicht lange an. Daher lasst euch gesagt sein: Ihr seid mehr als eine Kleidergröße, eine Followerzahl oder ein Gesicht. Das zu verinnerlichen kann verdammt lange dauern und Nerven kosten, aber es lohnt sich. Dann kann man auch mit seiner Persönlichkeit zwischen all den anderen Menschen bestehen und genießen …

Liebe Grüße

Kommentare

Bisher 14 Kommentare zu “Vom Zweifeln und Selbstfinden- darf ich das noch?”

  1. Netti sagt:

    Sehr schöner Beitrag!
    Ich glaube Momente des Zweifelns hat man in jedem Alter, man darf sich nur nicht darin vergraben.

  2. Sassi sagt:

    Liebe Franzi, wirklich ein super toller Blogpost. Ich kenne das Gefühl nur zu gut. Eigentlich ist alles super und dann – boom. Kommt die Unsicherheit. Mir ging es vor allem bei meinen ersten Events so. Ich war schon genervt bevor ich angekommen bin – wieso ist mein Outfit einfach sowas von langweilig!! Ich bin doch Fashionbloggerin. Die anderen werden sich auch ihren Teil denken.
    Tja und so drehen sich die Gedanken weiter und weiter und man kann sie gar nicht mehr aufhalten…
    Genau wie bei dir kommt auch bei mir dieses Gefühl immer mal wieder – genau dann wenn ich es nicht brauchen kann…

    Allerdings kann ich dir versichern: Du bist super wie du bist 😉 und auf jeden Fall gut genug 😛

    Liebste Grüße
    Sassi

  3. Lisl sagt:

    So ein wundervoller Beitrag von dir! Ich bin hin und weg. Denn geht es nicht jedem manchmal so. Genau dann wenn eigentlich alles gerade gut sein sollte packt einen der Moment in dem man traurig ist und denkt das gerade alles schlecht ist. Nach meinem Umzug nach München ging es mir auch oft so. Obwohl es perfekt läuft, Job in der Tasche, tolle Wohnung und den Freund an der Seite. Aber manchmal besinnt man sich doch auf das wesentliche zurück. Was aber im gewissen Maß gesund ist.

    Es ist toll deine Beiträge zu lesen. Du bist ein ganz toller und angenehmer Mensch. Ich hätte gern deinen ganzen Kleiderschrank um deine wundervolle Sachen so zu tragen wie du sie zusammen stellst.

    Mach weiter so! Ich freue mich noch mehr von dir zu hören und zu sehen 🙂

  4. Marie sagt:

    Liebe Franzi,

    du scheinst auf den ersten Blick so anders als ich: ladylike, durchgestylt und irgendwie immer Mädchen. Ich mag das. Zu mir passen würde es auf Dauer nicht.
    Doch deine Texte zeigen so viel mehr von dir. Lassen einen Blick hinter die Kulissen erhaschen. Während ich deine Worte lese, erkenne ich mich. Ich ärgere mich, dass einem manchmal Kleinigkeiten so aus der Bahn werfen, obwohl man sich vorher noch gut gefühlt hat. Doch scheinbar wird man das nie ganz ablegen.
    Ich bin ein Stückchen erleichtert, dass es nicht nur mir so geht. Manchmal frage ich mich: Darf ich mich mit Mitte 20 noch „süß“ anziehen? Ist es in Ordnung, wenn ich mit meinem Stil experimentiere? Was zeichnet eigentlich eine gute Beziehung aus? Wie viele Freunde „braucht“ man?
    & dann kommt einer deiner Posts, manchmal auch drei-aus verschiedenen Perspektiven- zu genau so einer Frage & ich erkenne wieder: das Leben ist nicht schwarz oder weiß 🙂

    Übrigens: Ich finde, dein Blog sieht einfach wundertoll aus 😉

    Liebste Grüße
    xx

  5. Nowshine sagt:

    Liebe Franzi,
    danke für diesen schönen Post! Und dass gerade du ihn schreibst! Ich habe dich bei dem Alpro Event in Berlin gesehen und war völlig von dir begeistert- dein Blog ist der einzige Blog, den ich vom Event „mitgenommen“ habe, ich folge dir seitdem. Stell dir vor wie es mir geht, ich sitze mit meinen 43 Jahren bei all diesen Blogger Events und alle sind jünger, cooler und haben 150 Milliarden K Follower. Es tut gut zu wissen, dass auch sie (also heute Du), auch schon mal an sich zweifeln 😉 Love.
    Liebe Grüße, Doro

    • Franzi sagt:

      Hallo! Ach mega lieb von dir! Ich habe mich auch sehr über das Kennenlernen gefreut! Ich glaube wir zweifeln alle immer mal wieder! Daher wollte ich das ansprechen und auch Gleichgesinnte finden 😉

      Liebe Grüße!

  6. Pornwika sagt:

    Wow, liebe Franzi. Du könntest ja als Schriftstellerin sein. Dein Beitrag ist wundervoll genau so wie du. Verzweifelt bitte nicht! Du bist so wunderschön und immer perfekt gestylt ?

    Liebste Grüße,
    Pornwika

  7. Barbarella sagt:

    Liebe Franzi,

    erst mal vielen Dank für den tollen Beitrag. Auch ich muss zugeben, dass ich sehr häufig an mir zweifle. Egal wie oft ich mir sage, dass ich alles genauso schaffen kann wie andere. Trotzdem kommt dieses Gefühl immer wieder auf. Und es ist schwer loszuwerden. Man ist eben doch nie ganz hundertprozentig von sich überzeugt. Kaum hat man einen kleinen Erfolg errungen, schleicht sich dieser Gedanke wieder an und vermiest einem alles. Ich glaube, jeder kennt dieses Gefühl 😉
    Ich liebe Dein Blog sehr. Gerade wegen dieser Posts die geradezu aus dem Leben gegriffen sind. Mach weiter so!

    Viele Grüße, Barbarella <3

    • Franzi sagt:

      Liebe Barbarella! Danke dir für deine lieben Worte. Du hast Recht, wir werden wohl immer zweifeln. Auch wenn ich noch Hoffnung habe. Denn manchmal nervt es echt 😉

      Liebe Grüße

  8. Lissa sagt:

    Danke für deinen ehrlichen Post. Es tut gut zu sehen, dass ich nicht die Einzige bin, die manchmal an sich selbst zweifelt.
    Ich musste erst lernen, aus dieser negativen Situation rauszukommen.
    Du bist wundervoll und sehr inspirierend <3

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mit der Nutzung dieses Formulares erklärst du dich mit der Speicherung und Verarbeitung deiner Daten (Name und Email Adresse) durch diese Website einverstanden. Mehr dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung.