Kolumne

A Woman ‘In-Between’- Ich habe keine Ahnung und keine Richtung

24. November 2019 von

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Darf ich noch auf der Suche nach mir selbst sein, selbst wenn ich schon im Leben stehe?

Darf ich meine Entscheidungen immer noch kritisch beäugen, obwohl ich jetzt älter bin?

Darf ich dich um dein Glück beneiden?

Darf ich unglücklich mit dem Jetzt sein?

Ich stehe dazwischen, weiß nicht was ich will

Wenn es nach meinem persönlichen Lebenswunsch ginge, da kann ich ehrlich sein, wäre ich jetzt gern schon weiter. An einer anderen Stelle und mehr im Reinen mit mir selbst und vielleicht auch auf der Karriereleiter etwas weiter oben. Das nagt an mir, nicht jeden Tag, aber immer mal wieder. Irgendwie ist es verrückt zu glauben ich müsste alles schaffen, aber genau an diesen Tagen ist dieses Gefühl so sehr da. Was mir dann zusätzlich zu schaffen macht sind Sätze von anderen Frauen, wie

„Ich bin jetzt die Frau, die ich immer sein wollte.“

„Glaube an dich, dann schaffst du es genau so wie ich.“ 

„Sei geduldig, du wirst alles bekommen, was du dir wünscht- das hat bei mir ja auch geklappt.“

„Schön für dich“, denke ich an manchen Tagen und will mir ihr Glück nicht geben. Ich will, dass sie mir erzählt warum sie das jetzt gesagt hat, wie sie das geschafft hat und wieso es bei mir nicht klappt. Trotz meines Alters verstehe ich dann selbst nicht, dass ein Satz nicht das ganze Leben ausmacht und dass Krisen und negative Gefühle bei jedem Menschen einen anderen Stellenwert haben. Wo ich verzweifle, zuckt sie vielleicht nur kurz mit den Schultern. Was ich nebenbei mache, ist für sie vielleicht eine ganze Tagesaufgabe. 

An den restlichen Tagen des Jahres freue ich mich für sie und wünsche ihr weiterhin viel Glück, denn es ist ja nicht mein Ziel ihr Leben zu führen. Wieso also beneiden? Wieso also nicht für die andere Frau freuen? Schön, wenn Menschen ihr Glück finden und noch schöner, wenn sie es mit anderen teilen wollen. 

Ich wollte nie über diese Gefühle reden oder schreiben, denn Neid und die damit verbundene schlechte Laune ist tabu bei uns Frauen. Es gibt Eigenschaften, die dürfen wir nicht leben. Es gibt sie, weil wir alle Menschen sind, aber sie existieren so gut wie nicht, wenn wir miteinander reden. Hier sind wir alle Lebenskünstler, Lifecoaches und Glücksbotschafterinnen. Aber eigentlich sind wir auch Miesepeter, blöde Kühe und emotionales Lebewesen.

Das sind keine negativen Eigenschaften, sie sind ein Teil von uns.

Und die würde ich gern mehr zeigen, weil sie mir auch fehlen, im Bild der Frau von heute. Denn wenn ich sie habe, kommen sie mir schlecht und abstoßend vor und degradieren mich eben auch als Mensch, denn andere fühlen sich ja offensichtlich nie so. 

Du bist wütend, das darfst du nicht sein. 

Neid steht dir nicht. 

Liebe dich selbst.

Nimm dein Leben selbst in die Hand.

Und dann sehe ich sie, die andere Frau vor mir. Sie weint, weil sie es gerade nicht schafft alles unter einen Hut zu bringen. Sie hat gerade niemanden um sich auszutauschen und stellt ihre Sehnsüchte ins Netz, um irgendwie eine Lösung zu finden. Ich fühle mit ihr, möchte ihr helfen und Zuspruch geben und fühle mich verbunden ….

Was sie da gerade aber macht, ist die andere Seite des Lebens zu zeigen: Was uns umtreibt, wenn wir keinen Masterplan haben, wenn Plan B genau so dämlich war wie A und C. Und zusätzlich macht sie etwas, was ich mich nicht traue: Die Fehler und unerfüllten Sehnsüchte öffentlich zu machen.

Warum ich euch das erzähle?

Weil ich gerade genau mittendrin stecke. Ich weiß wer ich bin und wo ich hin will, aber ich erkenne den Weg noch nicht. Ich stecke fest, ich stehe an einer Kreuzung und kann die Schilder nicht lesen, ich drehe mich um, in jede Himmelsrichtung, finde aber noch keinen Anhaltspunkt, wie es weiter gehen soll. An manchen Tagen beunruhigt mich das, an anderen stehe ich gern hier und sehe dem Leben von hier aus zu, wie es Kreise dreht. Und manchmal bin ich dann neidisch, laut, launisch und dann doch wieder fähig zu gönnen und der anderen Frau, die gerade selbstbewusst ihren Weg geht, alles Gute zu wünschen, und der Frau die Hand zu reichen, die zurückgehen muss, um ihren Weg neu zu überdenken.

Darf ich noch auf der Suche nach mir selbst sein, selbst wenn ich schon im Leben stehe?

Darf ich meine Entscheidungen kritisch beäugen, weil ich jetzt älter bin?

Darf ich dich um dein Glück beneiden?

Darf ich unglücklich mit dem Jetzt sein?

Ja, du darfst es, auch wenn ich weiß wie groß der Druck geworden ist und wie wir uns gerade Dank der sozialen Plattformen noch mehr vergleichen. Es sind nicht mehr nur die Leben der ehemaligen Klassenkameradinnen- Es ist die ganze Welt. Alle Frauen dieser Welt in unserem Alter sind einen Vergleich wert.

Auf der einen Seite ist das eine tolle Möglichkeit, die unterschiedlichen Lebenswege und Karrieren zu sehen und zu erkennen, dass es mehr gibt als den einen Job. Auf der anderen Seite erhöht es den eigenen Druck, das Leben schnell und gut und ohne Hürden  zu meistern und kein Wort über die Vielzahl an Anläufen zu verlieren, die es manchmal benötigt, um dann sagen zu können:

„Ich bin jetzt da, wo ich immer sein wollte und die Frau, die ich immer sein wollte.“ 

Irgendwo dazwischen bin ich. Ich hoffe es geht gut aus. Ich habe noch keine Lösung, die ich euch anbieten kann- aber vielleicht eine Möglichkeit sich nicht mehr allein zu fühlen, wenn man so in between ist … 

Kommentare

Bisher 4 Kommentare zu “A Woman ‘In-Between’- Ich habe keine Ahnung und keine Richtung”

  1. Lisi sagt:

    Meine Liebe..
    Genau so einen Beitrag hab ich gebraucht!
    Ein dickes Danke und ein noch fetteres Lob für deinen Blogpost!!! Hilft mir ganz bestimmt weiter! Grad bin ich auch so ,,in beteten,, aber es wird vorüber gehen und auch ich werde am Ziel ankommen, wenn auch mit Umwegen… aber führen diese nicht auch immer ein bisschen in ein kleines neues Abendzeitung!?..
    Alles liebe
    Lisi 🧡

    • Linda sagt:

      Liebe Franzi,
      ich folge deinem Aufruf und erzähle von meinem Weg, der zwar endlich einen sehr großen Berg hinter sich gelassen hat aber noch lange nicht zu Ende ist. Ich hab nach der Schule angefangen Medizin zu studieren und was das für ein Horrortripp werden wird konnte ich damals noch nicht erahnen.
      Eigentlich hab ich das erste Jahr nach der Schule mit Biowissenschaften „verplempert“. Dann auf Medizin gewechselt und von da an habe ich mich einfach nicht getraut bzw. in Erwägung gezogen, dass ich das Fach einfach nochmal wechseln könnte. Aber da ich nun schon das zweite Studium angefangen hatte erschien es mir nicht möglich nochmal meine Meinung zu ändern. Nur weil es schwer ist.
      Ich würde sagen die Zeit bis zum ersten Staatsexamen war die schlimmste. Ich habe so viele Klausuren wiederholt, ich habe ganze Fächer wiederholt und auch den schriftlichen Teil des Examens habe ich ein zweites Mal geschrieben. Immer mit dem Ziel, im klinischen Teil des Studiums wird es besser. Heute kann ich über diese Annahme nur lachen.
      Natürlich wurde es kein Stück besser! Ich wurde eher nur unzufriedener. Vor ein paar Wochen habe ich endlich mein zweites Staatsexamen geschrieben. Acht Jahre nach Beginn! Was soll ich sagen, ich hab es mit ach und krach bestanden. Nun bin ich seit 10 Wochen im PJ (Praktisches Jahr). Ich finde es durch und durch schrecklich. Die Ärzte im Krankenhaus sind absolut unzufrieden und unmotiviert, niemand hat Lust auch mal etwas näher zu erklären. Du bist der Fußabtreter für alle und sollst möglichst wenig Fragen stellen, aber interessiert sein, dich nicht beschweren und dabei immer nett lächeln.
      Ich bekomme eine Aufwandsentschädugung von 399€ gehe aber von Montag bis Freitag je 8 Stunden arbeiten. Ich habe insgesamt 30 Fehltage ob ich da leider krank bin oder in den Urlaub fahre ist egal Hauptsache ich überschreite das nicht. Arbeitsschutz? Gibt es offensichtlich für ein Pflichtpraktikum nicht, eigentlich auch kein Geld. Also muss ich mich dafür schon bedanken. Fragt sich nur ob man 11 Monaten bei einer 40h Woche noch als Praktikum beschreiben kann?
      Wir PJler sind die Sklaven des Gesundheitssektors wir werden gebraucht weil wir billige Arbeitskräfte sind und haben absolut keine Macht uns nur annähernd dagegen zu wehren.
      Wer bis hierher gelesen hat, der fragt sich jetzt sicher, warum ich überhaupt Arzt werden will. Ehrlich gesagt, ich weiß es wirklich nicht. Ich weiß nicht ob ich das wirklich möchte.
      Um dem ganzen jetzt noch den Hauch eines Happy Ends zu geben. Mein Mann und ich sind seit der Schulzeit zusammen. Nach dem ersten Staatsexamen haben wir geheiratet und danach direkt eine kleine Tochter bekommen. Das ich es bis hierhin geschafft habe, habe ich ihr zu verdanken! Ich bin so viel stärker geworden. Habe Niederlagen nicht mehr so ernst genommen und es endlich geschafft dazu zu stehen. Zu sagen das ich es verbockt habe und dass das nicht schlimm ist. Dann probiere ich es nochmal und wenn es sein muss auch noch mal. Ich rede nicht mehr drum herum wenn die Leute mich fragen wie ich mein Studium finde oder welchen Facharzt ich mal machen möchte.
      Wenn ich aktuell von meiner Arbeit nach Hause komme dann fällt aller Ärger von mir ab und eine tiefe Zufriedenheit durchströmt mich! Ich habe etwas in meinem Leben geschafft was viele noch nicht geschafft haben und das kann mir keiner mehr wegnehmen. Und wenn ich in ein paar Monaten diese behinderte Approbation in den Händen halte, dann werde ich ganz genau wissen was es mich gekostet hat und das ich das aus eigener Kraft geschafft habe.
      Ich bin auf keinen Fall da angekommen wo ich mal hin möchte und und ich weiß auch noch nicht genau wie dieser Weg aussieht. Aber ich bin sicher er wird aufregend und ohne jeden Zweifel anders als erwartet.
      „Ich bin die Frau die ich immer sein wollte“ Habe nur ich ein Problem mit diesem Satz? Ist das wirklich erstrebenswert oder nehme ich mir dafür nicht jeglichen Raum für persönliche Entwicklungen?

      Danke, dass ich meine Geschichte erzählen durfte und das du liebe Franzi so offen und ehrlich zu uns bist!

  2. Mrs. Herzensangelegenheit sagt:

    Toller Beitrag 👍🏻
    Das ist tatsächlich ein Thema, über das selten bis gar nicht gesprochen wird – schließlich suggeriert man hier eine Schwäche (die meines Erachtens keine ist). Gerade im Berufsleben wird dann eine solche “Offenbarung” eher skeptisch bis abwertend beäugt. Aber gut: ob die Entscheidungen, die man selbst trifft, am Ende die richtigen waren, lässt sich zumindest nicht immer feststellen – schließlich kann man nicht die Uhr zurück drehen und etwas anderes versuchen. Wichtig ist sicherlich, dass du dir die nötige Zeit nimmst, auf den Bauch hörst und auch ab und an vergleichst (kann ja auch Ansporn sein; und wenn du es positiv drehst, hat es ja auch eher was mit Selbst-Reflexion und daraus resultierender Weiterentwicklung zu tun). Viel Erfolg 🍀

  3. Steffi sagt:

    Liebe Franzi,

    vielen Dank für den Beitrag und das du uns es mal wieder vor den Augen führst, das Neid nichts schlimmes ist, man sich mal verloren fühlen darf und keine Idee hat , alles schwer ist und eben sich mal für niemanden freut.
    Mir ergeht es auch sehr oft, ich arbeite im Einzelhandel, zudem im Telekomnuikationsbereich. Ein Job in dem man nur mit viel Schweiß aufsteigt und der sehr oft auch undankbar ist, aber ein Job den ich liebe mit voller Leidenschaft angehe, der mich antreibt, der mir zeigt wie unterschiedlich Menschen sind und ich da bin den Menschen zuhelfen, zu beraten und alles was der Job mit sich bringt. Manchmal Frage ich mich warum ich erst jetzt an dieser Position bin und nicht eher, manchmal Frage ich mich warum andere schneller weiter kommen, manchmal stehe ich mir selbst in Weg. Manchmal Frage ich mich warum ich nicht tolle Texte schreiben kann, ständig auf Reisen bin, eingeladen werde auf tollen Events oder ich Wochenende arbeiten gehe oder nicht jeden Nachmittag frei habe und warum ich mein Job mache.
    Und dann fällt es mir wieder ein als meine Freundin sagte, Sie wünschte sie hätte meine Freiheit, mein Erfolg und das nötige Kleingeld Dinge (Luxus) zukaufen die für mich selbstverständlich sind aber für Sie nicht. Das ist der Moment in dem mir klar wird das manchmal auch ich die Person, bin auf die andere manchmal neidisch, manchmal nicht freuend, manchmal nicht euphorisch sind. Weil es eben alle mal so ergeht und das ist auch gut so, manchmal muss man stehen bleiben um weiter zukommen.

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