Ich glaube im Herzen sind wir alle chaotisch und lieben es auch ein wenig. Ich lese in letzter Zeit vermehrt Texte, die mir verkünden wer chaotisch ist, ist klüger und glücklicher in seinem Leben.
Ich organisiere mich ab heute neu
Warum auch immer ist „Ordnung“ einfach nicht mehr „In“, nicht mehr passend für einen gesellschaftlichen Status. Wir denken dann immer gleich an Spießigkeit und Langweilertum. Wer heute lässig und natürlich wirken will, der steht zu seinem Chaos.
Was ich bis zu einem gewissen Maß auch absolut ok finde.
Doch so richtig im echten Leben, so richtig real, ist das eigentlich nicht immer die beste Lebensweise. Ich spreche hier aus meiner eigenen Erfahrung heraus. Vor allem wenn man darauf angewiesen ist, den Alltag richtig zu koordinieren. Das Problem mit dem eigenen chaotischen Leben ist, auch wenn es von außen unglaublich lässig und natürlich wirkt, passt es nicht wirklich in unser gesellschaftliches Leben. Das hat ja zum großen Teil immer noch feste Rahmenbedingungen und Pflichten.
Diese Kombination kann zur Last werden und wurde zu meinem Problem. Jetzt könnte der geneigte „Aussteiger“ aus dem System mir raten, das Hamsterrad einfach zu verlassen und alles abzuschütteln. Stimmt. Aber das eigene Chaos und das Gefühl der Machtlosigkeit verschwindet damit leider auch nicht.
Ich bin immer noch eine Chaotin. Ich stehe noch allzu oft vor Problemen, die ich viel schneller lösen und kleiner halten hätte können. Dennoch weiß ich heute was ok ist und was nicht mehr geht. Ich kenne meine inneren Grenzen und überwinde mich dann immer wieder auf ein Neues, wenn ich um Hilfe fragen oder Fehler eingestehen muss. Aber ich tue es und das ist sehr wichtig. Das ist ein Erfolg. Das ist ein kleiner, fester Bestandteil meines Chaos‘.
Ich organisiere mich ab heute neu
I get my shit done.
P.S. Ich kann euch gern in weiterem Beiträgen ein wenig mehr über meine Art der Organisation aufschreiben. Was denkt ihr?
Denn wenn einem das eigene Chaos über den Kopf wächst, kann es sogar gefährlich werden. Es kann sich auf die Seele legen. Keine Sorge, ich möchte euch keine deepen mental coaching Tipps geben. Nur von Chaot zu Chaot kann ich euch sagen, ab einem gewissen Punkt überollt einen das eigene Chaos und das echte Leben gleich mit. Dann steht auf einmal alles still. Der gefühlte Berg Arbeit wächst bis ins Unermessliche und das einzige was bleibt ist der Gedanke an Flucht, in Kombination mit purer Verzweiflung. Da wieder allein einen Ausweg zu finden ist heute umso schwerer.
Denn wo Chaos am Anfang noch nett und lässig wirkt, werden wir zu einem Problemfall und haben auf einmal nichts mehr im Griff.
Alles driftet ab und keiner kann es verstehen. Denn all müssen doch auch das Leben meistern, wieso schaffe ich es dann nicht? Chaotisch sein ist nicht schlimm, aber das Chaos muss überschaubar bleiben. Es muss selbst im kleinsten Chaos Kosmos ein System stecken, sonst landen wir in der von mir beschriebenen Situation. Das ist mir nicht nur einmal passiert. Der Höhepunkt im Chaos ist fast schon wie eine körperliche Überforderung. Es kratzt an der Seele und am Körper und macht mehr kaputt als es dann noch lässig und natürlich wirkt. Im Gegenteil: Es ist eine Last.
Auf einmal verpasste ich Treffen, Geburtstage und Abgaben. Ich war wie gelähmt und wollte etwas ändern, wusste aber nicht wie. Ich stand komplett neben mir und sah dem Chaos beim Wachsen zu.
Ich wusste ich muss lernen, wie man dem nicht mehr entflieht, sondern sich stellt und es angeht. Es hat eine ganze Weile gedauert bis ich verstanden habe, wie ich für mehr Ordnung in meinem Kopf und Leben sorgen kann. Es gibt drei Gedanken, die mich seitdem jeden Tag begleiten und die ich oft genug nutze, um diese Ordnung, die mir gut tut, einzuhalten.
Du kannst nicht alles allein schaffen…
… und niemand verlangt das von dir. Heute gehen wir schnell davon aus, dass wir alles können müssen. Neben Studium, Beruf, Nebenjob, Beziehung, Freundschaft, Abschlussarbeit und Familie sind wir auch Menschen mit Gedanken und Gefühlen. Schwäche zeigen und zugeben, dass man Hilfe benötigt, kostet Überwindung. Aber mir nahm das Zugeben meines nicht weiter Wissens eine enorme Last von der Seele. Ich habe dann auch erkannt, dass ich damit nicht allein bin und es nicht schlimm ist, nicht alles zu können oder zu schaffen.
Wenn du erkennst, dass du nicht in allem die Nummer eins sein musst…
… gehst du noch einen Schritt weiter. Ich vermute mein Chaos entstand wirklich dadurch, unter dem Druck alles und jeden Weg mitgehen zu müssen. Immer mit dem Blick darauf gerichtet, die Beste sein zu müssen. Irgendwann hatte ich zig Baustellen in meinem Leben aufgerissen, aber keinen Plan mehr wie ich sie angehen wollte. Dann brach das selbstkonstruierte Kartenhaus voller Perfektionsgedanken in sich zusammen und ich stand vor vielen angefangen Gedanken und Arbeit, sah aber keinen Anfang und kein Ende mehr. Ich wusste nicht was ich kann und was nicht.
„Ich bin nicht perfekt und überfordert“…
… kam mir nur schwer über die Lippen. Sich das Versagen einzugestehen ist die eine Sache, es vor anderen zuzugeben, eine andere. Wir definieren uns über Leistung. Wenn die nicht gebracht wird kommt selten der Gedanke, dass derjenige viel zu hat. Ihm wird kein Verständnis entgegengebracht ohne den Grund erfahren zu wollen. Schwäche zu zeigen ist nicht leicht aber wichtig, denn es öffnete mir Türen. Es zeigte mir was falsch lief und ich fand schnell Menschen, denen es genau so erging und die mir Tipps geben konnten.
Nach diesen ersten für mich wirklich extrem schwierigen Schritten habe ich gemeinsam mit anderen einen kleinen Plan auf die Beine gestellt. Ich habe Rituale eingeführt, die mir den Tag erleichterten und mir am Ende ein gutes Gefühl gaben, etwas geschafft zu haben. Und irgendwie wollte ich das heute mit euch teilen. Bei all den lässigen, absolut natürlichen Chaosgedanken sollten wir nicht vergessen, immer wieder genau zu schauen, was gerade passiert und für was wir unsere Energie aufwenden.
Ehrlicherweise habe ich wirklich lange Zeit Energie vergeudet.
Liebe Franzi, vielen Dank für diesen tollen Post, der mit absolut aus der Seele spricht. Leider befinde ich mich gerade auch an so einem Punkt, wo unglaublich viel Zeit und Energie verloren geht, ich aber wirklich gar nichts mehr gebacken bekomme. Fristen habe ich längst überzogen und komme immer noch nicht in die Gänge, obwohl mir die entsprechenden Aufgaben früher immer leicht fielen … was ist nur los und – vor allem – wie kann ich da wieder raus kommen? Ein Post mit deinem konkreten Plan und Tipps wäre unheimlich hilfreich für mich. Alles Liebe, C.
Liebe Clara! Mach ich sehr gern! Ich werde mich noch diese Woche ransetzen.
Liebe Grüße
Hallo Franzi,
Du sprichst mir gerade wirklich aus der Seele. Gerade den Höhepunkt des Chaos, wie du ihn so treffend nennst, habe ich schon einige Male durchlebt. Bei mir funktioniert dann gar nichts mehr, ich werde starr und unbeweglich, könnte mich tagelang im Bett verkriechen, obwohl der Berg an Pflichten wächst und wächst. Diese Verzweiflung, manchmal fast schon Ohnmacht, ist wirklich ein schreckliches Gefühl..
Schön, dass du Wege gefunden hast, diese Situationen zu verhindern oder wenigstens zu minimieren – daran arbeite ich noch. Deshalb würde ich mich riesig über deine Tipps freuen 🙂
Liebe Grüße!
Christina
Hallo liebe Christina! Ja ich kenne dieses Gefühl und man will davor flüchten und sich am liebsten mit anderen Dingen beschäftigen. Das klappt auch eine gewisse Zeit sehr gut, aber irgendwann holen einen die Gedanken und das erdrückende Gefühl wieder ein. Ich kann dazu gern mehr schreiben. Mehr über die privaten Umsetzungen oder auch das Berufliche?
Liebe Grüße
Ein toller, wahrer, selbstreflektierter Beitrag. Ich lese diesen Text aus einem anderen Blickwinkel – denn ich bin wahrscheinlich die Organisiertheit in Person. Ich habe meine Fehler und Hürden, an denen ich persönlich arbeiten muss, Chaos ist es in meinem Fall nicht. Was übrigens auch nicht immer gut ist, da geht gut und gerne Spontanität und Leichtigkeit flöten – aber das ist ne andere Geschichte.
Jedenfalls – besonders in der Selbstständigkeit, oder Teilselbstständigkeit, wie man es als „Berufsblogger“ ist, ist es wahnsinnig wichtig, den Überblick zu behalten. Das muss nicht in Überorganisiertheit gründen, aber seine Termine, Abgaben und anderes sollte man schon im Auge behalten. Blöder Vorurteil vielleicht, aber gerade das ist es ja, was „uns Deutsche“ augenscheinlich so ausmachen soll, die blöde Korrektheit bei terminlichen Fristen und das „alles im Griff haben“.
Liebe Grüße,
Vivien
Hallo liebe Vivien! Danke für deine Worte und den Einblick auf die andere Seite. Ich glaube aber, dieses Chaos was ich beschreibe geht über das Alltägliche, über die normale Ordnung die man manchmal einfach braucht. Vielleicht ist es ene Art Unordung der ganzen Person, die dann damit enden kann, dass man nicht mehr weiß was wichtig ist, unwichtig, was man kann. Ich glaube es liegt auch ein wenig an der Persönlichkeit, also in diesem Fall an meiner. 🙂 An dem letzten Punkt könnte was dran sein… ich grübel mal.
Liebe Grüße
Danke für diesen tollen Post! Ich habe momentan genau das gleiche Problem und ich verzettel mich immer mehr und weiß überhaupt nicht, womit ich anfangen soll um wieder ein bisschen Ordnung und Struktur in mein Leben zu bringen. Dabei war ich früher immer perfekt organisiert!
Ich fände es toll, wenn du mehr darüber schreibst, wie du es geschafft hast, dich wieder zu organisieren!
Liebe Grüße
Tina
Liebe Franzi, vielen Dank für diesen tollen Post, der mit absolut aus der Seele spricht. Leider befinde ich mich gerade auch an so einem Punkt, wo unglaublich viel Zeit und Energie verloren geht, ich aber wirklich gar nichts mehr gebacken bekomme. Fristen habe ich längst überzogen und komme immer noch nicht in die Gänge, obwohl mir die entsprechenden Aufgaben früher immer leicht fielen … was ist nur los und – vor allem – wie kann ich da wieder raus kommen? Ein Post mit deinem konkreten Plan und Tipps wäre unheimlich hilfreich für mich. Alles Liebe, C..
Hallo liebe Franzi,
ich wäre wahnsinnig an Deinen Tipps interessiert… weil ich gerade inmitten so einer Phase stecke…
Leider finde ich diesen Artikel (falls Du sie damals geschrieben hast) nicht in Deinen Kolumnen und habe auch kein Untermenu „Archiv“ gefunden…
Magst Du mir das mal verlinken?
Ganz lieben Dank, Karin