Wo fange ich an? Ach ja, ich habe vor gut einem Monat beschlossen, dass ich Lissabon besuchen will. Alle sprechen davon und jeder schwärmt in den höchsten Tönen von dieser Stadt, nur ich konnte mir bisher nicht vorstellen wie es ist, in Lissabon zu sein. Gedacht, besprochen und gebucht.
Dieses Mal wieder sehr spontan, aber dank eurer Tipps und anderer travel Seiten immerhin mit einem kleinen Plan in der Tasche.
Lissabon ist die Hauptstadt Portugals und zählt über eine halbe Million Einwohner, dazu kommen jährlich noch einmal doppelt so viele Touristen. Ich vermutete, dass es jetzt in der Nebensasion nicht so voller Touristen sein würde. Kluge Entscheidung. Dennoch müsst ihr an bestimmten Hotspots trotzdem anstehen. Verständlich, denn gerade die Altstadt ist unglaublich verwinkelt, eng und verbaut. Ich entschied mich dennoch für ein Airbnb in genau dieser Altstadt: Alfama. Keine Sorge, es ist ein ganz offizielles Apartment, das von der Firma „Rent Experience“ betreut wird. So waren der Kontakt und all die weiteren Details ganz easy zu klären.
Das Apartment liegt an der wohl berühmtesten portugiesischen Straßenbahnlinie Nummer 28 und somit war entweder viel laufen oder einfach Bahnfahren angesagt.
Alfama ist schön, keine Frage.
Die kleinen Gässchen und die wunderbaren alten Fliesen an den Wänden, die einfach für diese Stadt stehen, verwandeln jede Perspektive zu einem Blickfang. Auch laden die verwinkelten kleinen Straßen dazu ein, die Stadt stundenlang zu Fuß zu erkunden und immer wieder neue Ecken zu entdecken. Aber es zeigt sich auch, dass hier noch viel investiert werden muss. Viele Häuser sind marode, fallen zusammen, sind vermüllt und haben nur noch wenig vom portugiesischen Charme übrig. Alfama ist wunderschön, aber der Tourismus zeigt langsam seine Wirkung, denn die noch verbleibenden Einwohner haben sich komplett auf die Touris eingestellt.
Das kann eben auch heissen „weniger echt portugiesisch, mehr europäisch angepasst“.
Aber ihr könnt dennoch die Ecken finden, in denen ihr die Einheimischen trefft. Cafés mit den echten kleinen Espressotassen und den leckeren Pastéis de Nata- es ist übrigens ein Muss, diese süße Backware zu probieren. Ihr könnt sie in jedem Café, jeder Bäckerei und natürlich im Supermarkt erhalten, und sie schmecken überall gleich gut. Ihr könnt sie aber auch in dem Café genießen, in dem sie angeblich zuerst angeboten wurden: im Café „Pastéis de Belém“ im gleichnamigen Stadtteil. Mönche sollen die Törtchen zur Finanzierung ihres Klosters erfunden und das Rezept später an diese Bäckerei verkauft haben.
Wie haben wir die Stadt erkundet?
Die klassische Art ist sich festes Schuhwerk anzuziehen und den Tag früh zu beginnen. Ihr werdet immer wieder wunderbare Ecken entdecken, das Meer zwischen die Fliesenfassaden hindurch schimmern sehen und in Gegenwart vieler Nationen die Stadt erleben dürfen. Eine gute Idee ist es, sich am ersten Tag von der Straßenbahnlinie 28 durch die Stadt kutschieren zu lassen. Kleiner Tipp: Die gelbe Linie 28 ist ab 10.00 Uhr mit Touristen dauerbesetzt und fährt auch nur bis zur Endhaltestelle, von wo aus ein neues Ticket für den Rückweg notwendig wird. Haltet euch besser an die rote „Hills Tramcar Tour“- Bahn, die macht einen Rundkurs und ihr könnt für 20€ an acht Haltestellen in 24h aus- und wieder einsteigen. Und die rote Tram ist wesentlicher weniger überfüllt und ihr bekommt Kopfhörer, über die ihr an den Spots jeweils einen Audioguide im Ohr habt.
Auch die kleinen elektrischen Tuk Tuks sind eine tolle Alternative zum Laufen oder Straßenbahnfahren, wenn ihr einmal fix zum nächsten Spot wollt.
Mein nächster Tipp ist mit Vorsicht zu genießen, weil es mich dann doch tatsächlich etwas härter erwischt hat. Ihr findet in der Stadt verteilt e-Scooter. Unternehmen wie Lime, Hive oder Tier haben diese elektrischen Tretroller in der Stadt verteilt und sie sind ideal, um kurze Wege schnell zurückzulegen. Dank Buchung und Bezahlung in den jeweiligen Apps sind sie echt easy anzuwenden, aber die schlechten Straßen von Lissabon und die zahlreichen genervten Autofahrer machen es eher zu einer kleinen Mutprobe, schließlich fahren sie knapp 30km/h schnell.
Was ich euch dagegen sehr wohl empfehlen möchte, falls ihr wie ich, zum ersten Mal in Lissabon seid:
1. Besucht unbedingt die Altstadt Alfama und lasst euch einfach treiben- bergauf, bergab, bergauf, bergab…
2. Fahrt mit der roten Hills Tramcar einen Tag durch die Stadt- Hop on, Hop off.
3. Besucht den 45 Meter hohen Elevador de Santa Justa. Es bleibt euch überlassen, ob ihr hochfahrt.
4. Genießt den Ausblick von den Miradouros (Aussichtsplattformen) und beobachtet die Schiffe, die in den Hafen einfahren.
5. Besucht die rote Hängebrücke „Ponte 25 de Abril“ (die Golden Gate von Lissabon). Sie hat mich tatsächlich sofort an San Francisco erinnert.
6. Genießt die Pastéis de Nata. Gern in Belém, aber es schmeckt auch an jeder anderen Ecken sehr gut.
7. Besucht die LX Factory. An diesem Kreativspot findet ihr kleine Shops, die auch immer wieder zum Stöbern, Essen, Kaffee trinken und Kuchen essen einladen.
8. Besucht die „Magic Library“ in der LX-Factory. Trinkt etwas oder macht eine Führung, da ihr im oberen Bereich noch eine echte Druckerei vorfinden werdet.
9. Geht zum großen Flohmarkt in Alfama, der jeden Dienstag und Samstag ab 9.00 Uhr geöffnet hat. Auch gern den Flohmarkt in der LX Factory mitnehmen, der wiederum an jedem Sonntag stattfindet.
Besucht den größten Park Lissabons „Parque Eduardo VII“, der auf einem Hügel liegt und sich somit als Aussichtspunkt über die ganze Stadt eignet.
10. Lauscht dem traditionellen Fado in den Gassen. Das ist eine alte musikalische Tradition, die gerade wieder einen Aufschwung erlebt. Dieser mal fröhliche und mal melancholische Gesang war und ist auch heute noch die Art der Portugiesen, Kritik an der Politik oder der Gesellschaft zu üben oder einfach das Leben zu besingen. Viele Einwohner singen spontan in Cafés und Restaurants oder einfach, während sie durch die Gassen laufen. Wunderschön.
11. Geht aus im Stadtteil Bairro Alto und lasst den Abend ausklingen. Die Portugiesische Küche ist sehr fischlastig und immer lecker.
Wo waren wir Essen?
Ich gebe zu, es war nicht einfach nicht auf die üblichen Touristenkneipen hereinzufallen. Wir haben uns dann einfach immer wieder an die Tuk Tuk Fahrer gehalten und uns Empfehlungen eingeholt. Ihr werdet mich jetzt steinigen, aber natürlich ist es wunderbar frischen Fisch zu essen. Wer ein großer Meeresfrüchte Fan ist, wird hier auf seine Kosten kommen. Auch der beliebte Codfish (Kabeljau) hat zurecht viel Aufmerksamkeit verdient, aber ich bin nun einmal Fan der europäischen Küche. Diese Art von Küche, die sich aus allen Ländern bedient und so alte Gerichte neu zum Leben erweckt oder völlig neu interpretiert. Ich habe mich in vielen kleinen Gassen sehr wohl gefühlt, aber das Essen in den kleinen Restaurant Alfamas war nicht immer so nach meinem Geschmack.
Nett ist die Markthalle „Mercado da Ribeira“. Hier findet ihr an einem Platz die unterschiedlichsten Angebote traditioneller und internationaler Küche und könnt wie in einer großen Mensa zwischen Einheimischen und Touristen speisen. Ich finde die Ideewie schon erwähnt ganz nett, aber es ist schon etwas preisintensiver und eher ein Touristenmagnet, als echte portugiesische Küche- So der O-Ton vom Tuk Tuk Fahrer am ersten Tag.
Falls ihr auf der kulinarischen Suche seid ist der Stadtteil Bairro Alto die bessere Anlaufstelle.
Aber es geht auch anders. Süß und mit einer wunderbaren Aussicht war die Tapas Bar über einem Hostel. „Madame Petisca“ kann sich sehen lassen. Vor allem die Tapas waren sehr lecker.
In dem Kneipen- und Restaurantviertel Bairro Alto
… müsst ihr euch durch zahlreiche Angebote kämpfen. Im Sommer wird es für die Betreiber kein Problem sein, jeden Stuhl zu besetzen, aber in der Nebensaison buhlt jeder um jeden einzelnen Gast. Nach dem dritten Ansprechen und einer Menükarte direkt vor den Augen, wird es dann langsam anstrengend, die echte portugiesische Küche zu finden. Also nehmt euch Zeit und kehrt in das richtige Restaurant ein. Nett war das Castro Restaurante. Gerade bei den kleinen aber süßen Restaurants muss ich euch einen Hinweis mitgeben:
Achtet auf die Rechnung. Gern wird einmal ein Wein oder ein Essen zu viel abgebucht.
Es ist es auch nicht wie in anderen Ländern üblich, dass der Gruß aus der Küche oder Brot und Butter als Aperitif für euch gratis auf den Tisch gestellt werden. Sobald ihr davon nehmt, kommen Brot und Oliven als einzelne kleine Posten auf die Rechnung. Und so kann die Butter auf einmal mit drei Euro zu Buche schlagen. Fragt immer wieder nach, oder verneint erst einmal und bestellt dann auf euren Wunsch die Vorspeisen.
Mein Frühstücksspot,
der es mir auch auf Grund des wunderschöneren Interieurs angetan hat, ist das „Comoba“.
Ihr könnt zu jeder Uhrzeit vorbeikommen und werdet von der Küche begeistert sein. Hallo Hipster Touri. Aber es ist einfach sensationell lecker und ich habe mich sehr wohl gefühlt. Ihr seht also, ich bin ganz oft auch gern so unterwegs und liebe Hummus, Falafel und rote Beete einfach. Schuldig.
Kombiniert mit einem schönen Design und ich gehöre genau dort hin.
Spannend war für mich das Café „Botanista“. Alles rein pflanzlich, alles vegan und doch verdammt lecker. Wieder so ein Hipsterding? Ja.
Auch das letzte Restaurant auf meiner Liste kann sich sehen lassen. „Infame“ war mein kleines Highlight. Denn hier haben sie das getan was ich so liebe: Die moderne und Omas Küche auf den Tisch zusammengebracht. Genau mein Geschmack, aber nicht unbedingt das was ihr euch vielleicht unter portugiesischer Küche vorstellt.
Wir haben uns lange mit Tuk Tuk Fahrern unterhalten. Ein weiterer Tipp, den einer von ihnen uns am ersten Tag mit auf den Weg gab: Ein Essen für zwei sollte im Schnitt nicht mehr als 30-35 Euro kosten und ein Kaffee nicht mehr als einen Euro.
Das konnte ich allerdings bei keinem Essen einhalten.
Lissabon ist schön …
Lissabon lohnt sich, aber die Stadt hat auch unglaublich mit dem Tourismus zu kämpfen. Ich will auf jeden Fall noch einmal wiederkommen, würde aber dann doch ein Hotel buchen das nicht in Alfama liegt. Ich laufe zwar gern und viel, aber ich verlaufe mich nicht so gern. Das lässt sich bei den kleinen Gässchen einfach nicht vermeiden. In unserem Airbnb haben wir auch nicht einmal selbst gekocht, gegessen oder gar Kaffee genossen. Die Altstadt hat zwar kleine Shops (wie Späties), aber fast keine Supermärkte. Wir waren deswegen nur unterwegs essen.
Die Aussicht, weil wir im 4. Stock wohnten, war natürlich mit keinem Hotelfenster der Welt zu vergleichen.
Ich komme auf jeden Fall noch einmal wieder, muss aber auch sagen, dass all die Texte und all die Reiseberichte die ich vorher gelesen hatte, nicht ganz der Wahrheit entsprechen. Die Stadt befindet sich im Umbruch. Es gibt unglaublich viele wunderbar schöne Ecken, aber durch den Massentourismus hat sich einiges zum Negativen verändert, das haben mir auch viele Einheimische bestätigt.
Es gab und kaum Kriminalität vor Ort, doch seit ein paar Jahren gibt es Rumänische Banden, die vor allem Touristen beklauen. Das Schöne ist, die Portugiesen sorgen sich um ihre Mitmenschen und warnen dich bei deiner offenen Handtasche oder der lose getragenen Kamera.
Sehr schöne athmosphärische Bilder! Lissabon steht auch auf meiner To See Liste und du bestätigst das mit deinem Post 🙂 Danke!