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Statussymbole, Vorurteile und ein gelbes Chevrolet Cabrio

27. Juni 2017 von

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Der erste Post aus Los Angeles fängt gut an. Zumindest mit einer Erkenntnis für mich, die mir doch ein wenig die Augen geöffnet hat.

„Nice car! I like the yellow.“ Ich drehe mich immer wieder mit aufgeschrecktem Blick um und muss lachen. Wir haben wohl für unsere Tour durch Kalifornien nicht im Traum daran gedacht, dass wir so auffällig durch die Straßen fahren werden. Wir dachten an ein Cabrio. So mit Haare im Wind, Sonne auf der Haut und guter Musik. Als wir den Autoschlüssel in die Hand gedrückt bekamen und der nette Herr von der Vermietung frech grinsend noch „You guys gonna like it…“ hinzufügte war ich nicht beeindruckt. Was sollte uns schon bevorstehen?

Ein knallgelbes Chevrolet Cabrio, das meinte er.

So viel Status und Angeberei hatten wir beide schon lange nicht mehr gesehen geschweige denn fahren können.

Autos sind Statussymbole und sie gehören zu unserem Leben. Sie sollen etwas über uns erzählen. Wir identifizieren uns mit ihnen. Sie bilden einen Teil unserer eigenen Außenwirkung. Ford, Audi oder Mercedes? Wir wissen alle was besser klingt und was wir lieber vor der Haustür stehen haben möchten. Wir geben das nur ungern zu, aber wir sind stolz auf unsere Autos. Protzen und Prollerei sind dennoch verpönte Eigenschaften und so werden auch die edelsten Karossen in bevorzugt dezenten Farben vor die eigene Einfahrt gestellt. Der Nachbar soll zwar schauen, aber nicht denken wir hätten es nötig. Ihr kennt die schnellen und lauten Dinger auf unseren Straßen, die wir mit einem Augendreher und dem dazugehörigen Gedanken verknüpfen.

Ich gebe zu, dieser Statusgedanke missfällt mir die meiste Zeit ebenso. Mit der Autowahl zu prahlen ist genau so effektiv, wie sich über Designermode zu identifizieren. Es ist nur ein Versuch etwas zu kompensieren und zu kaschieren, um jemanden zu beeindrucken, der nichts mit uns zu tun hat. Es ist reine Außenwirkung. Dieses gelbe Geschoss war sofort bei mir verschrien. Wie könnten wir nur damit durch die Straßen düsen ohne aufzufallen und genau die Blicke zu ernten, die wir selbst jemandem mit diesem Auto entgegenbringen würden? Ertappt. Daher wollte ich nicht so recht einsteigen, wollte nicht so recht in kleinen Gassen neben den ganz normalen Farben parken. Ich hatte vermutet, die Amerikaner würden uns für genau die Leute halten, über die man bei uns die Stirn runzelt. Allerdings sieht das hier alles ein wenig anders aus.

Hier ist auffällig gut, hier ist anders interessant.

 

Es gibt über unsere Autowahl keine verdrehten Augen oder verächtliche Blicke. Nein, es gibt Zuspruch, Lob, Fragen und gute Gesprächseinstiege. Ein knallgelbes Cabrio zu fahren hat hier nichts mit Poserei zu tun. Ich glaube nicht einmal, dass die hier in L.A. lebenden Menschen dafür einen Ausdruck haben. Nach drei Tagen habe ich mich daran gewöhnt. „Nice car! I like the yellow.“
Wenn wir über Klischees sprechen kann ich mich nie ganz rausnehmen. Wir wachsen alle mit gesellschaftlichen Normen und Grenzen auf und müssen manchmal über einen großen Teich fliegen, um zu erkennen wie egal solche Gedanken sein können. Wir brauchen die Impulse anderer Menschen, um neue Einstellungen und Sichtweisen zu erfahren und die Scheuklappen abzunehmen. Deswegen gibt es heute, passend zum gelben Auto, ein ganz lässiges travel Outfit mit hier auf meiner Seite. Ganz ohne einen gedanken daran zu verschwenden, was die anderen denken werden.

 

 

Keine Statussymbole, keine Vorurteile nur ein gelbes Chevrolet Cabrio

Liebe Grüße

Kommentare

Bisher 9 Kommentare zu “Statussymbole, Vorurteile und ein gelbes Chevrolet Cabrio”

  1. Iris sagt:

    Ich finde auch, dass man einfach mal die Vorurteile ablegen sollte, die man bewusst oder unbewusst hat. Man lernt dadurch so viele tolle neue Dinge und Menschen kennen.

  2. Ari sagt:

    Als unfasssbar schlechte Autofahrerin kann ich bei diesem Statussymbol nicht mithalten: Das Fahren überlasse ich meinem Mann 🙂

    Aber euer Mietwagen ist wirklich ein Schnittchen! Kein Wunder, dass ihr immer wieder Komplimente bekommt 🙂 Wünsche euch noch einen tollen Aufenthalt in LA<3

    xxx
    Ari

  3. Maren sagt:

    Das Auto ist mindestens genauso cool wie dein Text 🙂
    Wie viel entspannter die Welt doch wäre, wäre der gängige Gedanke – auch meiner – nicht „Uh, so ein Auto in so einer Farbe, na, die / der muss es aber nötig haben“, sondern „Was für ein cooles Gefährt! Ich würde gern erfahren, wie die Person darin auf diese außergewöhnliche Farbe gekommen ist!“ – und gleiches eben bei Kleidung, Taschen, Schuhen, Frisuren… hach! Vielleicht einfach mal ganz entspannt selber damit loslegen.
    Liebe Grüße
    Maren

  4. Barbarella sagt:

    Ich muss sagen, ein supertolles Auto habt ihr da. Kein Wunder das die Leute anerkennend guckten 😉 In L. A. sieht man vieles ganz anders als hierzulande, sehr viel „easier“ und das finde ich toll. Hier gehen den Leuten sofort negative Gedanken durch den Kopf wenn sie ein teures Auto sehen. Muss nicht sein, wie ich finde. Wünsche euch noch ganz viel Spaß in L.A.

    Viele Grüße, Barbarella <3

    https://barbarella149.wordpress.com

  5. Lisl sagt:

    Hach du bist einfach einzigartig! Toll geschrieben. Danke dafür!

  6. Dany sagt:

    Endlich bin ich dazu gekommen deinen Beitrag zu lesen und ich muss sagen, ich bin überrascht. Ein richtig toller Beitrag. Besonders interessant, das es in L.A. anders ist als hier. Und, es gefällt mir. Allgemein versuche ich mich selbst immer zurück zu halten. Ich möchte nicht im Mittelpunkt stehen. Erst recht möchte ich nicht zu arg auffallen. Aber ich merke immer wieder, das es ok ist ein Kleid zu tragen, auch wenn Leute die mich kennen vielleicht merkwürdig schauen würden. Andere wissen ja nicht das ich so etwas selten trage. Und auch nicht jeder Blick bedeutet, dass andere über einen reden. Vielleicht gefällt Ihnen einfach was sie sehen.

    Liebe Grüße Dany

    http://www.danyalacarte.de

  7. Isa sagt:

    Amüsant geschrieben und es regt zum Nachdenken an. Viel zu oft interpretieren wir Charaktereigenschaften in Menschen, die oder deren Dinge wir sehen.
    „Die hat mind. 15cm Absätze und ein knallenges kurzes Kleid – dann muss sie ziemlich billig sein“
    „Der ist ganz blass und hat eine total dicke Brille – ist wahrscheinlich ein Nerd und Zocker“
    „Der fährt einen Porsche – muss voll der Angeber sein“ und so weiter.
    Eigentlich sehr traurig. Allerdings weiß ich nicht ob wir das so einfach abschalten können. Ich denke es menschlich Klischees und gemachte Erfahrungen auf solche Wahrnehmungen zu übertragen. Und im Schubladen-denken sind wir wohl alle gut.

    Liebe Grüße,
    Isa

  8. Ina sagt:

    Mir fällt es aber gerade bei deutschen Auswanderen in den USA sehr unangenehm auf, wie sie es plötzlich genießen, endlich hemmungslos rumprotzen zu können, ohne dass sie dafür kritisiert werden. Sie sind in der Beziehung oft noch schlimmer als die Amerikaner selbst. Wenn man sie dann darauf anspricht, wird einem Mißgunst und Neid unterstellt.
    Die Angewohnheit vieler Amerikaner, sich auf Pump Dinge zu kaufen, die sich nicht eigentlich gar nicht leisten können, um damit Menschen zu beeindrucken, die sie eigentlich gar nicht mögen, hat 2008 die schwere Wirtschaftskrise ausgelöst.

    • Franzi sagt:

      Natürlich haben nur die Amerikaner die Wirtschaftskrise ausgelöst mit ihrem sinnlosen Konsum. Nicht mit dem Muss ein Haus die Krankenversicherung die Bildung für die Kinder auf Pump bezahlen zu müssen. Nein es waren auch nicht die Banken mit ihren faulen Krediten ;). Ein wenig zu einfach, ein wenig zu sehr die Schuld suchen bei all denen, die wir nicht wirklich kennen. Es ging mir nie ums „hemmungslos rumprotzen“, sondern um das Gönnen. Irgendwie bin ich erschrocken, wie man das hier so unreflektiert ins Netz stellt. Ich bin kein Fachmann auf dem Gebiet, deine Worte zeigen aber auch: Du auch nicht. Daher würde ich dich bitten belesen, viele Seiten und Meinungen mit in deine Gedanken einbeziehen und nicht das hier so ins Netz stellen. Wirklich nicht.

      Alles Liebe

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